Normale Ansicht

Received before yesterday

Norsemen

Von:Roy
09. Juni 2025 um 22:30



Das Spiel Norsemen ist in mancher Hinsicht ein Novum: Es ist zum Beispiel das erste Spiel, das vollständig und ausschließlich von Skellig Games entwickelt und nun veröffentlicht wird. Um diesen durchaus riskanten Schritt abzusichern, hat man sich für eine Crowdfunding-Kampagne entschieden – mit Erfolg. Die Veröffentlichung steht nun kurz bevor. Mir wurde bereits ein Prototyp zugesandt – wundert euch also nicht, wenn das Material auf den Bildern teilweise noch nicht dem finalen Produkt entspricht.

In Norsemen übernehmen wir, die Spieler, die Rolle von Wikingerführern, die ihre Clans zu Ruhm und Ehre führen möchten. Dazu errichten wir Siedlungen, entsenden Gesetzessprecher und planen eine clevere Reiseroute.



Wir spielen über fünf Runden, die sich auf drei Zeitalter der Wikinger-Ära verteilen. Jede Runde besteht aus drei Phasen:

1. Die Erkundungsphase

Hier planen wir unsere Reiserouten. Jeder Spieler hat ein eigenes Kartendeck mit möglichen Zielen in Nordeuropa, die jeweils mit bestimmten Rohstoffen verknüpft sind. Bei jeder ausgespielten Karte (bzw. jedem Ort) müssen wir entscheiden, ob wir ein verfügbares Langschiff oder einen Gesetzessprecher dorthin entsenden. Nur mit einem Langschiff können wir in der folgenden Phase die Rohstoffe nutzen, und nur mit einem Gesetzessprecher lassen sich die Zusatzaktionen des Ortes ausführen.

Aber Achtung: Einige Karten enthalten Totenköpfe. Sobald zwei davon in der eigenen Auslage auftauchen, wird eines unserer Langschiffe beschädigt und muss repariert werden – es steht uns dann vorerst nicht mehr zur Verfügung.


2. Die Expansionsphase

Jetzt geht es ans Eingemachte: Wir nutzen die gesammelten Rohstoffe, indem wir einen unserer beiden Jarl-Figuren auf Aktionsfelder einsetzen. Gutes Timing ist dabei entscheidend, denn der erste Spieler profitiert meistens ohne Einschränkungen – alle weiteren müssen oft mit Nachteilen rechnen. Die Jarl-Aktionen sind zentral, denn jeder Spieler hat ein persönliches Tableau, auf dem Langschiffe, Siedlungen und Festungen gebaut sowie neue Gesetzessprecher ausgebildet werden können.

Das Ganze funktioniert über eine Art Entwicklungsleiste: Wir starten mit einer vollständig gefüllten Leiste, was bedeutet, dass z. B. die erste Siedlung nur noch einen Schritt zur Fertigstellung benötigt, die vierte aber entsprechend mehr. Jeder Entwicklungsschritt kostet Rohstoffe, die wir (unter anderem) über unsere Langschiffe erhalten.

Eine der Jarl-Aktionen ermöglicht auch neue Erkundungskarten mit stärkeren Boni und mehr Rohstoffpotenzial.


Zusätzlich zu den Jarl-Aktionen können wir in dieser Phase weitere Langschiffe aussenden, Thing-Aktionen über unsere Gesetzessprecher an bestimmten Orten ausführen (die meist Einkommen oder Entwicklungen bringen), beschädigte Langschiffe für je zwei Silber reparieren oder sogenannte Titelaktions-Felder beanspruchen. Diese bringen zwar gewisse Voraussetzungen mit sich, aber auch Siegpunkte bei Spielende.

3. Die Rückkehrphase

In dieser Phase kehren unsere Jarls, Gesetzessprecher und Schiffe zurück. Vorher wird allerdings geprüft, ob man bei den drei möglichen Traditionssymbolen (auf Erkundungskarten und Siedlungen) die Mehrheit besitzt – hierfür gibt es am Ende jeder Runde Punkte.

Zum Abschluss jeder Runde kommen neue Territorien ins Spiel, die in den nächsten Runden erkundet werden können – passend zum jeweiligen Zeitalter.


Nach der fünften Runde erfolgt die Endwertung. Der Spieler mit den meisten Punkten führt den ruhmreichsten Wikingerclan und gewinnt das Spiel.

Norsemen ist ein gelungenes Eurogame mit Push-your-Luck-Komponente, in dem viele Mechanismen ineinandergreifen. Die Auswahl der Orte, das Ressourcen-Management und die passenden Entwicklungen sorgen für echtes Kopfzerbrechen – im positiven Sinne. Besonders schön ist, dass die Wikinger hier mal ohne Kämpfe auskommen. Stattdessen stehen Expansion, Siedlungsbau und kluge Planung im Mittelpunkt. Hinzu kommen viele bekannte Wikinger-Persönlichkeiten, die den Spielern individuelle Vorteile bringen.

Die grafische Gestaltung schwankt etwas: Das Cover und die Charakterkarten gefallen mir richtig gut, während das Spielbrett und die Erkundungskarten eher funktional wirken. Das Material meines Prototyps – inklusive liebevoll gestalteter Holzmeeple – hat aber bereits einen guten Eindruck hinterlassen.



Ein echter Kritikpunkt ist für mich der Aufbau der Anleitung. Warum etwa werden die essenziellen Jarl-Aktionen erst separat am Ende erklärt und nicht direkt im Rundenablauf integriert? Das wirkt umständlich und führt zu häufigem Blättern. Vielleicht liegt das auch einfach an meiner persönlichen Vorliebe für strukturierte Regelhefte – aber ich hatte in letzter Zeit öfter das Gefühl, dass viele Anleitungen auf ähnliche Weise unübersichtlich aufgebaut sind.

Unterm Strich ist Norsemen ein sehr gutes Kennerspiel, das vor allem Fans von Worker-Placement, Engine- oder Tableau-Building und Push-your-Luck gefallen dürfte. Es erfindet zwar nichts neu – echte Aha-Momente fehlen –, aber es kombiniert Bekanntes auf eine angenehm runde Art. Ich freue mich auf die finale Version, denn ich bleibe ein echter Eurogame-Fan!


_______________________________________________________________




Norsemen von Christos Giannakoulas und Manolis Zachariadis
Erschienen bei Skellig Games
Für 1-4 Spieler in ca. 90-120 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Skellig Games)

Erde: Vielfalt

Von:Roy
05. Juni 2025 um 22:30



Das Spiel Erde von Maxime Tardif hat meines Erachtens zwei Dinge geschafft: Zum einen hat es – zusammen mit Arche Nova – den bis heute anhaltenden Trend der Naturspiele ins Rollen gebracht, zum anderen hat es die Spielerschaft aber auch gespalten. Möglicherweise liegt das auch daran, dass es relativ zeitnah zu Arche Nova erschienen ist und sich somit den direkten Vergleich gefallen lassen musste – auch wenn dieser nicht wirklich fair ist.

Mir persönlich hat Erde bisher immer gut gefallen. Ich mag das Tableau-Building und die daraus resultierende Engine, die man sich im Laufe des Spiels aufbauen kann. Ja, ich bin und bleibe ein Fan von Engine-Building – schuldig im Sinne der Anklage!


Nun gibt es die erste Erweiterung zu Erde, mit dem Titel Vielfalt, und wir wollen uns mal anschauen, ob sich die Anschaffung lohnt. Auf jeden Fall lohnt sie sich schon einmal, wenn man Erde nun zu sechst spielen möchte – dafür ist das benötigte Material nämlich ebenfalls enthalten. Hinzu kommen neue sogenannte Vielfalt-Tableaus, die man auf die originalen Spielertableaus legen kann. Diese Tableaus bieten zwei neue Funktionen: Sie zeigen weitere Tauschmöglichkeiten sowie die Erklärung neuer Symbole, und sie ermöglichen es, Sprossen zu lagern, die man nicht sofort einsetzen konnte. Teilweise ist es sogar so, dass Sprossen zunächst dort abgelegt werden müssen, bevor sie den Pflanzen zugeordnet werden – das hängt davon ab, wie man an die Sprossen gelangt.

Neben neuen Karten in jeder Kategorie gibt es nun auch Samen. Diese sind recht wertvoll – nicht nur aufgrund ihrer interessanten Tauschmöglichkeiten, sondern auch wegen der neuen Keimen-Funktion. Damit darf man den ziemlich großen Nachziehstapel gezielt nach bestimmten Karteneigenschaften durchsuchen. Die Anleitung gibt vor, wonach man alles suchen darf – aber ich kann euch sagen: Eigentlich ist alles möglich, solange man es formulieren kann. Dafür wird der Nachziehstapel umgedreht, und man arbeitet sich durch die Karten, bis eine passende Eigenschaft gefunden ist. Diese Karte darf man dann auf die Hand nehmen, der Rest wird neu gemischt.


Die neuen Karten bringen zudem ein bisschen mehr Interaktion ins Spiel. So kann man nun gezielt Mitspieler auswählen, die etwas erhalten, oder ist bei manchen Effekten davon abhängig, was die Mitspieler bereits ausliegen haben. Kurz: Sich nur auf das eigene Tableau zu konzentrieren kann funktionieren, aber effektiver ist es vielleicht, auch mal nach links und rechts zu schauen.

Neu sind außerdem sogenannte Zwischenereignisse. Diese dürfen nur zwischen den Aktionen gespielt werden und bieten allen Spielern die Möglichkeit, das Ereignis zu nutzen – wobei der ausspielende Spieler dazu verpflichtet ist.


Prinzipiell ist Erde: Vielfalt eine Erweiterung nach dem Motto „more of the same“ – aber mit sehr sinnvollen Ergänzungen. Gerade die Möglichkeit, gezielt durch den Stapel zu suchen, senkt auf jeden Fall das Frustlevel, wenn die passenden Karten einfach nicht kommen wollen. Auch die erhöhte Interaktion gefällt mir gut und ist eine echte Bereicherung. Wer also gerade an diesen beiden Punkten Interesse hat, sollte die Erweiterung dem Basisspiel unbedingt hinzufügen. Spieler, die das weniger reizt, bekommen „nur“ mehr Abwechslung – was zwar schön ist, aber den Preis der Erweiterung eventuell nicht rechtfertigt.

Ich persönlich hätte es schöner gefunden, das Material für den sechsten Spieler separat anzubieten, denn genau dieser Punkt treibt den Preis doch spürbar in die Höhe. Ich zum Beispiel sehe für mich keine realistische Gelegenheit, Erde mit sechs Personen zu spielen, finde aber die anderen Neuerungen spannend – und bin nun gezwungen, für etwas mit zu zahlen, das ich gar nicht brauche …


Wie ihr vermutlich schon gesehen habt: Ich hatte hier einen englischsprachigen Prototypen vorliegen. Im fertigen Produkt mag es also noch Änderungen oder Ergänzungen geben.

Abschließend bleibt zu sagen: Erde: Vielfalt ist eine sehr gelungene Erweiterung – wenn auch kein Must-Have. Was wiederum auch für das Basisspiel spricht.
_______________________________________________________________




Erde Vielfalt von Maxime Tardif
Erschienen bei Skellig Games
Für 2-6 Spieler in ca. 60-90 Minuten ab 13 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Skellig Games)

Masters of Crime: Mosquito

Von:Oli
04. Juni 2025 um 22:30

Escape-Spiele bzw. allgemeiner gefasst Krimi-Spiele (denn ein straffes Zeitlimit gibt es ja nicht immer und ist eigentlich auch oft nicht wirklich nötig) gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Ob für den kleinen Rätselhunger zwischendurch wie in der Deckscape oder auch Exit-Reihe oder als ganze Kampagne wie bei den Escape Tales. Auch zwischen diesen Extremen gibt es einige Vertreter, die zumindest Abendfüllend Spaß oder Frust bringen können.


Der erste Teil der Masters of Crime Reihe (Vendetta) wurde seinerzeit von Markus rezensiert, als es die Masters of Crime Reihe noch gar nicht gab, sondern Noctis dies zunächst noch selbst vertrieben hatte. Markus stellte damals heraus, dass wir mit Vendetta kein Rätsel-/Escapespiel, sondern eher Detektivspiel hatten, in dem es hauptsächlich darum ging, Informationen zu bekommen und den Fall zu lösen. Rätsel gab es da quasi nur als „Deko“. Sein Fazit: spannende Geschichte, überzeugendes Spiel. Seitdem hat die Reihe einige neue Titel herausgebracht, zu denen wir keine Meinung abgegeben haben. Mit Mosquito kam nun aber der fünfte Teil der Reihe auf meinen Tisch.

Ich verspreche, Spoilerfrei zu bleiben bzw. nur das zu verraten/zeigen, was man beim Öffnen der Schachtel ohnehin erfährt. Das Cover deutet es ja bereits an: wir sind im Dschungel und haben einen Schlapphut auf. Doch heißen wir natürlich nicht Dr. Jones, haben diesen aber immer im Hinterkopf (am besten noch garniert mit dem Indi-Soundtrack im Hintergrund…. Düdüdüdtüüü, düdüdtüüüü….). Gemeinsam begeben wir uns auf eine Schatzjagd, doch gilt es vorher einen Mord aufzuklären – und das, laut Packung „mit den Mitteln eines abgebrühten Verbrechers“. Denn so ganz legal sind wir hier nicht unterwegs, um das Geheimnis hinter der geheimen Organisation Mosquito zu lüften. Gemäß dieser Beschreibung ist das Spiel tatsächlich zweigeteilt: Teil A Mord aufklären, Teil B Schatzsuche. Man kann das Spiel also durchaus auf zwei Abende verteilen oder in einer längeren Sitzung durchspielen.


Beim Spielen von Mosquito wurde mit aber tatsächlich klar, warum Markus die Story von Vendetta so abgefeiert haben musste. Denn wenn diese nur halb so gut war, wie die Mosquito-Story. Letztere ist nämlich tatsächlich absolut durchdacht, spannend erzählt, vom Schwierigkeitsgrad her durchaus knackig (aber am Ende dann doch immer logisch) und total immersiv. Hinzu kommt, dass man über alles, was hier passiert reden möchte und man dabei immer mehr in „die Rolle“ reingezogen wird. Nicht falsch verstehen: natürlich kann man Mosquito auch true solo allein spielen, aber der Spielspaß ist mit mehreren am Tisch einfach größer – zumindest mochte ich mir meine Mitspielenden nicht wegdenken. Schön ist auch, dass überwiegend kein Timer mitläuft. Vermutlich schafft man das ganze im Turbomodus in 2 Stunden (ist danach aber fix und fertig). Bei uns waren es über drei und das fühlte sich trotzdem sehr gut an. Wiederspielbar ist das Ganze auch, auch wenn man manchmal etwas Überlegen sollte (z.B. müssen hier die Sterne auf dem Faltplan ausgemalt werden, das haben wir anders gelöst). Dies bezieht sich nicht nur aufs Verkaufen und durch andere neu spielen, denn wir fällen hier einige Entscheidungen und bekommen dadurch nicht alles zu sehen. Ob sich dieses selbst noch einmal spielen aber wirklich lohnt, kann ich nicht beurteilen. Möglich wäre es und bei unserem Durchgang haben wir nicht alle Infos, die möglich wären, auch bekommen. Soviel kann ich erahnen.


Und wie es sich für ein ordentliches Krimi-Spiel gehört, brauchen wir („natürlich“) das Internet. Hier in Gestalt der Spieleseite beim Noctis-Verlag. Keine App oder ähnliches, einfach die Homepage. Reicht aber auch völlig. Hier gibt es vielleicht einen kleinen Fleck auf der sonst sauberen Weste (aber den muss es thematisch ja auch geben, da wir hier alles andere als eine weiße Weste haben), denn die Hilfestellungen sind gut gemacht – sind aber eben auch nur Hilfestellungen und keine Lösungen. Und wenn man wie der berühmte Ochs vom Berg steht….aber gut, aufgrund der guten Qualität der Rätsel braucht man diese gar nicht so oft.

Und so bleibt mein Fazit: Wer Lust auf „Krimi“ mit toller Story (und Schatzsuche!) hat, muss einfach zu Masters of Crime: Mosquito greifen – und wird definitiv eine tolle Zeit haben! Und jetzt alle: Düdüdüdtüüü, düdüdtüüüü….

__________________________________________________________________



Masters of Crime: Mosquito von Lukas Setzke, Martin Student, Verena Wiechens
Erschienen bei Kosmos 
Für 1 - 6 Spielende in 150 - 240 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kosmos)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine zusätzlichen Kosten, wir erhalten eine kleine Provision.

Villainous: Jetzt gibts Saures

03. Juni 2025 um 22:30


Villainous: King Candy – Rennstrecke statt Rachefeldzug

Mit King Candy aus Ralph reicht’s zieht einer der schillerndsten Bösewichte der neueren Disney-Ära in die Villainous-Arena ein – und bringt gleich ein paar ungewöhnliche Mechaniken mit. Denn wo andere Schurken sich in Palästen und Piratenschiffen bewegen, rast Candy im Kreis – auf einer Rennbahn in Form einer Acht. Willkommen im süßesten Spielplan des Villainous-Universums.

Bewegung mal anders

Anders als bei den bisherigen Bösewichten bewegt sich King Candy nicht zwischen festen Orten, sondern fährt 1–4 Felder über die Rennstrecke – und aktiviert dabei nicht nur das Zielfeld, sondern auch die angrenzenden. Das sorgt für neue taktische Möglichkeiten, bei denen cleveres Timing und Positionierung eine große Rolle spielen.

Doch das ist nur der Anfang: Ziel des Spiels ist es, Vanellope von Schweetz mit einem Glitch zu belegen und sie dann in einem Rennen zu schlagen. Bis es soweit ist, müssen aber erstmal ein paar Hürden genommen werden: Ralph muss erscheinen und besiegt werden, Vanellope muss ins Spiel kommen, und das Rennen muss überhaupt erst starten. Kein Schurke gewinnt hier im Vorbeigehen.



Rennen gegen Vanellope

Das eigentliche Rennen bringt dann eine völlig neue Dynamik ins Spiel. Während Vanellope automatisch ihre Runden zieht, muss King Candy passende Bewegungskarten ausspielen, um ihr zuvorzukommen. Wer zuerst die Ziellinie überquert, gewinnt – aber auf dem Weg dorthin ist Timing alles. Besonders schön: Das Rennen fügt sich trotz seiner Andersartigkeit erstaunlich gut ins Grundsystem von Villainous ein.

Präsentation & Design

Optisch ist King Candy ein Highlight. Seine Spielfigur erinnert an ein kleines Rennauto mit Cape, das Spielbrett ist farbenfroh, aber nicht überladen. Die Kartenillustrationen greifen den Stil des Films stimmig auf, und die Materialqualität ist – wie bei Villainous gewohnt – durchweg hochwertig.

Fazit

King Candy bringt frischen Wind in die Reihe – mit einem komplett anderen Bewegungsprinzip, einem mehrstufigen Spielziel und einer clever eingebauten Rennmechanik. Für erfahrene Villainous-Spieler definitiv eine lohnende Erweiterung, die neue Impulse setzt. Wer das klassische System liebt und wenig Lust auf Regelabweichungen hat, könnte etwas mehr Einarbeitungszeit brauchen – wird aber mit einem spannenden Spielgefühl belohnt.
____________________________________________________________________


Villainous: Jetzt gibts Saures von Michael Mulvhill
Erschienen bei Ravensburger
Für 2 Spieler in ca. 40 Minuten ab 10 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Ravensburger)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Für Euch entstehen dabei keine Kosten, wir erhalten jedoch eine kleine Provision

A War of Whispers

Von:Oli
02. Juni 2025 um 22:30

Kleiner Disclaimer vorneweg: Wen allein der Gedanke an „wenn er jetzt das macht und sie das, dann sollte ich das machen“ abschreckt, ist hier falsch. Denn War of Whispers ist ein Spiel, bei dem man immer wieder überlegen muss, was die anderen wohl wollen, was sie tun werden und was man selbst jetzt machen möchte. Gleichzeitig wirkt das Spiel mit seinen Regeln zu Beginn wie ein echter Strategiehammer, der es am Ende aber gar nicht ist. Doch nicht ohne Grund geben wir hier nicht selbst die Felddamen und -herren, sondern „nur“ deren BeraterInnen bzw. eigentlich ganze Geheimbünde, die die Geschicke der Welt lenken möchten.


Das Material kann sich dabei durchaus sehen lassen, wenngleich es eher zweckmäßig als opulent ist. Das ist mir zwar durchaus sympathisch – allerdings kann ich den durchaus gehobenen Preis der halbleeren Box hierdurch nicht ganz nachvollziehen. Wir finden in der Schachtel eine kreisrunde Weltkarte, einige Hölzklötzchen in den vier Spielendenfarben, einige Karten und Playersheets sowie ein paar Token. Dazu gesellt sich eine Anleitung über deren Umfang man zunächst staunt. Schlich, weil die Regeln für so ein scheinbar strategisches Spiel, doch recht kompakt sind:
Im Spiel gibt es fünf unterschiedliche Völker. Von jedem Volk besitzen wir jeweils einen Marker. Diese Marker verteilen wir zu Beginn der Partie verdeckt und zufällig auf unseren je eigenen Boards. Hierdurch legen wir fest, welches Volk wir fördern, welches wir gern untergehen lassen möchten und welche für unsere Pläne förderlich oder schlicht egal sind. Denn jeder Platz auf unserem Board ist mit einem Multiplikator (von -1 , über die 0 und dann mit 2, 3, 4) versehen. Am Ende der Partie nehmen wir diese mit den durch die jeweiligen Völker kontrollierten Städten mal und es errechnet sich unser Endstand. Da jedes Volk und jeder Geheimbund gleich funktioniert, ist es eigentlich nicht relevant, welches Volk wo liegt. Es kann aber durchaus sein, dass mehrere Mitspielenden die gleichen Ziele verfolgen. Wer das ausschließen möchte, kann eine Regelvariante nutzen, um dies zu verhindern. Und auch für diejenigen, die im Spielverlauf schnell kein Land sehen, ist gesorgt: Ich darf im Spielverlauf die Plätze zweier Marker mit einander vertauschen – für den Preis, dass ich diese dann aufdecken und somit einen Teil meiner Strategie preisgeben muss.


Das Spiel selbst verläuft über lediglich vier Runden. Jedes Volk verfügt auf dem Spielplan über je vier Ämter, die die Regierungsgeschicke dieses Volkes lenken. Zu Beginn einer Runde setzen alle reihum zwei Agenten auf eben jene Ämter. Dann läuft der Rundenmarker die Völker und deren Ämter in der immer gleichen Reihenfolge ab. Ist ein Amt besetzt, darf die entsprechende Person die zugehörigen Aktionen ausführen. Ist ein Amt nicht besetzt, führt diese Aktionen die Person aus, die im Uhrzeigersinn den nächsten Agenten auf dem Brett stehen hat. Dadurch entpuppt sich allein dieses doch sehr simple Agenten-Einsetzen als extrem taktischer Stellungskrieg. Diese Ämter/Aktionen rekrutieren Truppen (Banner) auf dem Spielfeld, greifen Nachbarregionen an oder bringen Aktionskarten des jeweiligen Volkes. Diese Karten sind speziell, denn sie zeigen grundsätzlich immer drei unterschiedliche Aktionen auf. Die ersten beiden Aktionen aller Karten eines Volkes sind immer identisch. Man kann hier also ganz bewusst darauf spielen, sich „grüne“ Karten zu holen, um z.B. später einen Angriff zu verstärken. Die dritte Aktion jeder Karte ist eine zufällige, die aber inhaltlich zum Typ des Volkes passt. Der Kampf der Völker funktioniert dabei eigentlich frei von jeglichem Zufall: Jedes Volk verliert je einen Banner, bis eins keine mehr hat. Ein Land ohne Banner geht dorthin zurück, wo es zum Spielstart hingehörte (farbliche Markierung auf dem Spielbrett). Doch die Aktionskarten können hier potentiell ein wenig Chaos mit sich bringen, wobei man an den Rückseiten immer erkennt, wo deren Ursprung ist und somit auch die ersten beiden potentiellen Aktionen bekannt sind. Am Ende einer Runde entfernen alle jeweils einen Berater vom Brett und setzen in der nächsten Runde zwei neue ein. So füllt sich das Brett über die vier Runden also und jede Entscheidung hat durchaus Gewicht für das komplette Spiel.


Und im Prinzip war es das auch schon mit den Regeln. Der Kern des Spiels ist hier also nicht, möglichst viele Einheiten zu besiegen und irgendeinen Krieg zu gewinnen, sondern seine Mitspielenden zu durchschauen, im Spielverlauf zu erahnen, wen sie unterstützen und wen sie untergehen lassen möchten. Und gleichzeitig gilt es immer, sich bedeckt zu halten, die eigenen Pläne nicht nach außen dringen zu lassen und schlicht, gut zu bluffen. Und so entpuppt sich War of Whispers zwar als durchaus strategisch, aber am Ende ähnelt es doch eher einer Partie Poker, als einem Schachduell. Das ist an sich nichts Schlechtes, muss einem aber bewusst sein. Durch die vergleichsweise recht kurze Spielzeit, die begrenzten Aktionen und die Tatsache, dass man seine Gunst im Notfall schnell ändern kann, ist das Spiel tatsächlich im eigentlichen Ablauf deutlich seichter, als man zu Beginn vermuten könnte. Und so pendelt sich der Anspruch und auch die Zielgruppe eher am unteren Ende der Kennerspielskala ein. Vielspielenden-Familien werden es vermutlich sogar eher als gehobenes Familienspiel wahrnehmen, dessen Regeln so simpel sind, wie der eigentliche Spielablauf. Auch wenn man beim Setzen der Agenten – vor allem in der ersten Runde – nach einigen Partien durchaus etwas mehr denken muss. In den richtigen Runden macht das durchaus Spaß, wenn niemand am Tisch vorher zu viel erwartet.

__________________________________________________________________



A War of Whispers von Jeremy Stoltzfus
Erschienen bei Corax Games
Für 2 - 4 Spielende in 30 - 60 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Corax Games)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine zusätzlichen Kosten, wir erhalten eine kleine Provision.

Die weiße Burg

30. Mai 2025 um 21:30


Die weiße Burg – Drei Meeples, ein Plan und kein Zug zu viel

Japan, 18. Jahrhundert. Am Hof des Daimyo herrscht Ordnung, Ehre – und ein knallharter Kampf um Einfluss. In The White Castle schicken wir Gärtner, Krieger und Höflinge los, um möglichst elegant Prestige zu sammeln. Der Clou: Du hast in drei Runden genau neun Züge. Das ist verdammt wenig – aber genau darin liegt die Magie.

Mechaniken, die glänzen wie ein frisch poliertes Katana

Würfelwahl mit Timing-Schärfe

Am Anfang jeder Runde liegen auf drei Brücken Würfel bereit. Wer am Zug ist, pickt sich einen raus – und hier beginnt die Qual: Niedrige Würfel sind billig, schalten dafür aber die sogenannte Laternenaktion frei. Hohe Würfel geben fettere Belohnungen, kosten dich aber Ressourcen. Der Würfelwert ist also nicht nur eine Zahl, sondern ein taktisches Dilemma mit Zähneknirschen-Garantie.



Setz deine Leute clever ein – aber wohin?

Du hast drei Arten von Figuren, und jede hat ihre eigene Spezialaufgabe:

Gärtner sorgen für Punkte und nette Synergien am Ende jeder Runde – besonders dann, wenn du sie unter Brücken mit verbliebenen Würfeln parkst.

Krieger wollen Eisen und werfen sofortige Boni ab, lohnen sich aber erst so richtig, wenn du viele Höflinge im Schloss platziert hast – schöne Verflechtung!

Und dann die Höflinge: Sie steigen über Perlen (!) Etage für Etage im Schloss auf – je höher sie klettern, desto mächtiger die ausgelösten Effekte. Wer den Aufstieg gut timt, kann hier ordentlich Punkte und Vorteile abräumen.



Laternenmechanik – kleines Engine-Building, große Wirkung

Eines der charmantesten Elemente: die Laternenaktion. Im Laufe des Spiels sammelst du Laternenkarten, die Boni anzeigen. Aktivierst du die Laternenaktion (z. B. durch den Einsatz eines niedrigen Würfels), zündest du alle deine Laternenboni gleichzeitig. Das fühlt sich wie ein Mini-Kombozug an – klein, aber oho. Und wer hier gezielt drauf spielt, kann sich eine feine Engine basteln, ohne gleich das ganze Spiel darauf zu trimmen.

Zeitspur – wer zuerst geht, spielt zuletzt

Ein kleines, aber fieses Detail: Die Spielreihenfolge der nächsten Runde hängt davon ab, wie weit du auf der Zeitspur voranschreitest. Wer früh dran ist, hat mehr Auswahl beim Würfeln – aber riskiert, in der nächsten Runde ganz am Ende zu stehen. Ein simples System mit spürbarer taktischer Tiefe.



Was taugt es?

Die weiße Burg ist ein kleines Raumwunder. Die Box ist kompakt, die Spieldauer überschaubar – aber was du hier mit neun Zügen alles rausholen kannst, ist beeindruckend. Jeder Zug fühlt sich wichtig an, und wenn dir mal eine Laterne zündet oder ein clever platzierter Höfling das Spiel dreht, dann macht das einfach Laune. Klar, der Einstieg braucht ein bisschen Ikonographie-Entzifferung, aber nach der ersten Runde flutscht es.

Starke Seiten

Clevere Verzahnung der drei Figurentypen

Spannende Entscheidungen bei der Würfelwahl

Laternenaktionen bringen taktischen Tiefgang und Kombofreude

Kompakt, schnell gespielt, aber trotzdem schön knobelig



Schwächen? Gibt’s auch:

Die Ikonographie ist anfangs etwas viel

Wenig Raum für große Züge – wer’s episch will, ist hier falsch

Bei vier Spielenden kann’s auf dem Brett schon mal eng werden.

Fazit

Die weiße Burg ist wie ein gut temperiertes Sushi-Messer: kompakt, scharf und auf den Punkt. Wer effizientes Eurogame-Design liebt und sich gern mit wenig viel erarbeitet, bekommt hier ein echtes Kennerspiel-Schmuckstück. In neun Zügen vom Gartentor in die Chefetage – viel Glück dabei!
____________________________________________________________________


Die weiße Burg von Isra C. und Shei S.
Erschienen bei Kosmos
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 80 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kosmos)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Für Euch entstehen dabei keine Kosten, wir erhalten jedoch eine kleine Provision

Agricola 15

26. Mai 2025 um 15:46


Agricola 15 – 15 Jahre schuften, und noch immer kein Traktor

Es gibt Brettspiele, die altern wie guter Käse – und Agricola ist definitiv einer davon. Zum 15. Jubiläum spendiert uns Uwe Rosenberg eine Sonderedition, die sich gewaschen hat. Also... gewaschen wird in diesem Spiel leider nichts, aber wer jemals auf seinem kleinen Holzbrett einen Stall mit drei Wildschweinen und einer hungrigen Familie koordinieren musste, weiß: Das ist kein Spiel, das man mit sauberen Händen verlässt.

Die Jubiläumsbox ist randvoll – und das ist nicht einfach so dahergeredet. Du bekommst nicht nur das überarbeitete Grundspiel von 2016, sondern auch die satten Erweiterungsdecks Artifex und Bubulcus, obendrauf noch rare Promo-Decks (X, T und ein frisches L-Deck), neue Ereigniskarten, personalisierte Hofpläne und ein Inlay, das endlich Schluss macht mit der Ziploc-Tütchen-Hölle. Endlich können wir unsere Holzschafe in Würde aufbewahren.

Spielerisch bleibt alles beim Alten – und das ist auch gut so. Worker Placement in seiner reinsten Form: Du startest mit zwei Familienmitgliedern in einem windschiefen Holzhaus und arbeitest dich langsam hoch. Erst ein Acker, dann ein Vieh, irgendwann ein Kind – und plötzlich stehst du mit sechs Leuten im Lehmhaus und fragst dich, wie du zur Ernte alle satt bekommen sollst. Classic Agricola! Der Stress ist wieder da – und fühlt sich wunderbar vertraut an.



Die größte Stärke dieser Edition ist ihr liebevoller Umfang. Es ist, als hätte Uwe selbst noch mal in den Stall geschaut, die Tiere gezählt und gesagt: „Da geht noch was.“ Die Materialqualität ist top, das Artwork von Klemens Franz gewohnt charmant-rustikal und das neue Kartenmanagement durch das Inlay ist ein echter Segen für Vielspieler und Ordnungsfans.

Aber so schön die Box auch ist: ganz ohne Makel ist sie nicht. Die schiere Menge an Karten kann Neulinge anfangs überfordern, und wer Agricola wegen seines engen Korsetts nie mochte, wird hier auch kein Luftloch finden. Das Spiel bleibt ein knallhartes Optimierungspuzzle, bei dem jeder Fehler bestraft wird – oft mit Hunger und schlechtem Wetter.

Fazit?

Agricola 15 ist keine neue Kuh auf der Weide, sondern die gut abgehangene Lieblingskuh – jetzt mit goldener Glocke, extra Futter und gestreicheltem Fell. Wer schon immer mal alles in einer Box haben wollte, wird hier glücklich. Und wer es schon besitzt? Der wird schwach. So wie ich. Und das ist okay.
____________________________________________________________________


Agricola 15 von Uwe Rosenberg
Erschienen bei Lookout
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 80 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Lookout)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Für Euch entstehen dabei keine Kosten, wir erhalten jedoch eine kleine Provision

Flying Gang

Von:Roy
23. Mai 2025 um 21:30

Moin Moin und Ahoy, ihr Landratten!

Heute gibt’s eine besondere Crowdfunding-Preview für euch: Flying Gang von Dirk Blech, der eigens dafür den Verlag Illuminati Games gegründet hat. Mit diesem Titel sticht er in See und entführt uns in die Blütezeit der Piraterie – genauer gesagt ins 17. Jahrhundert, als sich die großen Seefahrernationen mit allerlei Gesindel auf hoher See herumschlagen mussten. Viele der Legenden, die bis heute überdauert haben, stammen aus dieser Zeit. Und nun dürfen wir selbst zur Legende werden – als zukünftiger Anführer der berüchtigten Flying Gang!

2–4 Spieler können sich auf diese offene Sandbox-Reise begeben. Pro Spieler werden ca. 30 Minuten Spielzeit angesetzt – wobei es je nach Crew auch mal länger dauern kann.


Als Sandbox-Spiel gibt euch Flying Gang volle Entscheidungsfreiheit: Ihr wählt selbst, wie ihr eure Piratenpunkte sammelt – sei es durch Schätze, Quests, Seeschlachten oder Plündereien. Startet als harmloser Kapitän und arbeitet euch zum gefürchteten Freibeuter hoch!

Wie wird man also ein echter Pirat?
Ganz einfach: Indem ihr durch die Karibik segelt, andere Schiffe angreift, Quests erfüllt, Städte überfallt, Schätze hebt und euer Schiff stetig verbessert oder sogar komplett austauscht.


Dafür nutzt ihr Aktionspunkte, die ihr beliebig einsetzen könnt – jede Aktion kostet jedoch einen Punkt. In Städten könnt ihr nicht nur kämpfen, sondern auch handeln. Mit dem verdienten Gold lässt sich wiederum euer Schiff aufrüsten.

Ein dynamischer Markt regelt Preise für Tabak, Rum, Baumwolle und Zuckerrohr. Zu Beginn jeder Runde wird ausgewürfelt, wie sich die Preise verändern. Das bringt Bewegung in den Handel und neue Chancen für clevere Kapitäne.

Kämpfe verlaufen über Würfelwürfe – mit einem System, das ein bisschen an Schere-Stein-Papier erinnert. Jeder Angriff hat eine passende Verteidigung, die durch Ausbauten eures Schiffs weiter verbessert werden kann. Drei Bereiche des Schiffs können beschädigt werden: Crew, Rumpf und Segel.


Je mehr Piratenpunkte ihr sammelt, desto "gesetzloser" werdet ihr – mit Auswirkungen auf euer Standing in den Städten und gegenüber anderen Schiffen. Händler werden z. B. schnell zum Ziel echter Piraten, sind aber überall willkommen. Piraten dagegen müssen sich vor Jägern hüten und finden nur noch in ihrer Heimat Zuflucht.

Die Hauptquelle für Piratenpunkte – neben Kämpfen – sind die zahlreichen, abwechslungsreichen Quests. Sie verteilen sich quer über die Karte und fordern euch etwa auf, bestimmte Schiffe zu überfallen, Handel zu treiben oder bestimmte Warenmengen zu besitzen.



Das Spiel verläuft über 8 Runden, in denen ihr eure Aktionspunkte frei nutzt. Sobald ein Spieler 24 Piratenpunkte erreicht, kann das Spiel auch vorzeitig enden. Danach kommt es zum großen Finale: Der führende Spieler darf gegen den Anführer der Flying Gang antreten – in einem letzten epischen Seekampf. Scheitert er, dürfen es die anderen in Reihenfolge versuchen. Scheitern alle… verlieren auch alle.

Wir konnten einen handgefertigten Prototypen testen – das finale Material wird sich sicherlich noch deutlich ändern, ebenso wie einige Grafiken und möglicherweise auch Teile der Regeln. Gerade bei der Spielanleitung wäre etwas mehr Struktur wünschenswert – aktuell ist sie noch schwer zu durchdringen.


Flying Gang erinnert spielerisch an Titel wie XIA. Es entfaltet eine große Freiheit, kombiniert mit klarer Zielsetzung. Dirk Blech hat sich sichtlich Mühe gegeben, auch geschichtlich fundierte Karten einzubauen – Ereignisse, Schiffe, Charaktere: vieles davon ist realen Bezügen nachempfunden.

Wer XIA liebt oder sich für Piraten, Schifffahrt und 17./18. Jahrhundert interessiert, sollte dieses Projekt definitiv im Auge behalten – oder gleich unterstützen. Genau für solche ambitionierten Spiele wurde Crowdfunding schließlich erfunden. Wir wünschen auf jeden Fall viel Erfolg und sagen: Volle Fahrt voraus!

___________________________________________________________________




Flying Gang von Dirk Blech
Erschienen bei Illuminati Games
Für 2-4 Spieler in ca. 60-12 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Illuminati Games)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link

Lacrimosa

20. Mai 2025 um 21:30

Lacrimosa – Mozart ist tot, und wir machen Karriere

Mozart hat sein letztes Werk nicht vollendet – tja, dann müssen wir halt ran. Als loyale Mäzene schreiben wir in Lacrimosa fleißig an Mozarts Lebenswerk mit – und das so, dass am Ende wir in der Biografie besonders gut dastehen. Moralisch fragwürdig? Ja. Eurogame-technisch genial? Auch ja.

Was passiert hier eigentlich?

Lacrimosa kombiniert mehrere clevere Mechanismen zu einem wunderbar verzahnten Ganzen:

Kartenmanagement mit Zähneknirschen

Du spielst pro Runde vier Karten – jeweils eine in die Aktionszeile (oben) und eine in die Einkommenszeile (unten). Blöd nur, dass du beide Effekte brauchst. Was heute Einkommen bringt, ist morgen schon ein verpasster Zug. Hier trennt sich das Genie vom Dilettanten.


Deckbau light – aber clever

Du kaufst im Spiel neue Karten – allerdings nicht, um ein fettes Deck zu bauen, sondern um dein begrenztes Karten-Set zu verbessern. Qualität statt Quantität also. Timing ist hier alles.

Reisen, Kompositionen und Hofschleimerei

Du hast fünf verschiedene Aktionen zur Auswahl:
Reisen bringt dir Boni in Städten (aber kostet ein Vermögen)
Kompositionen kaufen heißt: Werke sichern = Siegpunkte
Hofaktionen geben Vorteile wie Karten, Einkommen oder Adelslob (und du willst Adelslob!)


Das Requiem – area control mit Klassik-Feeling

Mozarts Requiem ist ein zentrales Puzzle: Du spendierst Notenblätter an Komponisten und sicherst dir Mehrheiten in verschiedenen Abschnitten. Wer hier taktisch klug agiert, räumt dick Punkte ab – und ärgert andere mit seiner Präsenz.

Fazit?

Lacrimosa ist wie ein Konzert mit unerwartetem Gitarrensolo – klassisch, aber mit Pep. Die Mechaniken greifen sauber ineinander, es gibt kaum Leerlauf, und Entscheidungen wiegen schwer. Das Thema ist nicht nur Deko, sondern clever eingebettet. Einzig die Optik... nun ja: Beige als Hauptfarbe war mutig – vielleicht zu mutig.


Starke Töne:

Karten-Dualismus sorgt für knifflige Entscheidungen

Thematik ist nicht nur aufgesetzt, sondern durchgezogen

Das Requiem-Mehrheitenspiel macht richtig Laune

Kaum Downtime, viel Planung, null Leerlauf

Schräge Töne:

Spielplan lädt farblich nicht gerade zum Verweilen ein

Der Solo-Modus ist solide, aber kein Muss

Einstieg ist machbar, aber die Ikonographie braucht 1–2 Runden

Letzte Worte?

Lacrimosa ist kein lautes Brettspiel, sondern ein leises Meisterwerk. Wer subtile Interaktion, elegantes Ressourcenmanagement und clevere Kartenmechaniken mag, wird sich hier pudelwohl fühlen. Die Optik ist Geschmackssache, der Spielspaß hingegen ziemlich unbestritten.
____________________________________________________________________


Lacrimosa von Gerard Asceni und Ferran Renalias
Erschienen bei Kosmos
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 90 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kosmos)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Für Euch entstehen dabei keine Kosten, wir erhalten jedoch eine kleine Provision

Astrobienen

Von:Oli
12. Mai 2025 um 22:30

Bienen im Weltall. Ein Thema, dass die Brettspielenden zu spalten scheint. Manche finden es albern, andere mutig und wieder anderen ist es schnuppe, denn bei den Astrobienen handelt es sich um ein Eurospiel und da steht ja nicht das Thema im Zentrum, sondern die Mechaniken. Ich persönlich finde es ganz lustig. Denn warum sollten Drachen und Orks besser sein, als Bienen? Natürlich finde ich auch, dass es mit der Vermenschlichung von Tieren, nur um Debatten um politische Korrektheit bzw. das ein oder andere Fettnäpfchen zu umgehen, allmählich reicht, aber eigentlich auch nur dort, wo ganz uninspiriert und langweilig auf alte Fabelwesen zurückgegriffen wird und eben Tiere im Wald wie Menschen handeln. Dementsprechend finde ich Astrobienen einen recht frischen, kreativen Ansatz, der noch dazu dadurch verstärkt wird, dass sich das Thema hier unmittelbar in den Spielmechaniken niederschlägt. Besser geht es eigentlich nicht.


Aber genug vom Metathema zum Setting, rein in die Box. Doch halt, noch einmal kurz ins andere Metathema abgerutscht: Ich sage es gleich vorweg: Für mich persönlich gehören die Astrobienen auf die Nominierungsliste zum Kennerspiel des Jahres 2025. Werden sie vermutlich nicht schaffen, da es größere „Publikumslieblinge“ gibt, aber verdient hätten sie es allemal! So, aber nun zurück auf den Tisch. Wer mitspielt hat zwei eigene Playerboards: Ein Raumschiff, das wir mit Plättchen ausbauen werden und ein kleines Board zur Organisation der eigenen (anfangs drei) bereiten sowie gelandeten Arbeiterinnen. Das Spielbrett teilt sich im Kern in sechs Arbeiterinneneinsetzfelder auf: Das Weltall zum Erkunden mit dem Mutterschiff und Einstreichen von Rohstoffen und anderen Boni, den Schiffsausbaubereich in dem wir Plättchen für unser Raumschiff bekommen – die uns neben Siegpunkten am Ende im weiteren Spielverlauf Einkommen oder besondere Fähigkeiten verleihen -, ein Wachsen-Feld über das wir Arbeiterinnen (zurück-)bekommen oder unser Raumschiff vergrößern können, ein Forschen-Feld um Karten zu bekommen (diese bringen Ressourcen oder einmalige Aktionen oder können für einen Siegpunktbonus ans Schiff angedockt werden), ein Umwandlungsfeld zum Ressourcen-Umwandeln und ein Rühmen-Feld für besondere Schiffsplättchen, die uns am Ende persönliche Wertungen bringen. Auf das Weltall und den Schiffsausbau passen je zwei Worker, auf die anderen Felder je eine. Dazu gesellt sich ein Tiefschlafabteil zu dem wir ebenfalls gleich noch kommen.


Der Spielablauf ist im Kern - rein regeltechnisch gesehen - recht simpel: Bin ich dran, darf ich eine meiner Bienen auf ein Feld setzen und die damit verbundene Aktion durchführen. Ist auf dem Feld schon eine Biene (egal ob eigene oder fremde), verdränge ich diese. Gibt es in dem Bereich zwei Einsetzfelder, schubse ich sie um ein Feld zur Seite. Gibt es nur ein Feld, schubse ich sie vom Spielbrett und sie fliegt zu ihrem Raumschiff zurück. Das gleiche passiert mit der Biene auf dem ggf. vorhandenen zweiten Feld. Wurde ein Biene vom Spielfeld geschubst, hat ihre Besitzerin unterschiedliche Aktionsmöglichkeiten, je nachdem, wie stark die geschubste Biene ist. Alle Bienen verfügen nämlich über einen Stärkewert von 1 bis 4, der auf jeweils einer Seite der quaderförmigen Biene aufgedruckt ist. Hat die Biene eine Stärke von 1, 2 oder 3 darf man wählen, ob man diese Biene um 1 stärker macht und in den aktiven Bereich des eigenen Board legt (man sie also gleich wieder einsetzen möchte) oder ob man sie in den Landebereich setzt ohne sie stärker zu machen (und sie nicht ohne weiteres wieder einsetzen kann). Hatte die Biene bereits eine Stärke von 4, wird sie in den Tiefschlaf gelegt. Die Biene geht in den allgemeinen Vorrat zurück und ich darf eines meiner Tiefschlaf-Plättchen in das Tiefschlafabteil legen und mir dort einen verfügbaren Bonus aussuchen. Das Abteil ist wiederum in drei Abschnitte geteilt. Wer am Ende des Spiels je Abschnitt die meisten Tiefschlafplättchen hier liegen hat, bekommt einen Punktebonus. 


Kann oder möchte ich keine Arbeiterin einsetzen, muss ich alle meine Arbeiterinnen zurückrufen. Ich sammle diese also vom Spielfeld und meinem Landebereich ein, ohne ihre Zahlen zu ändern. Dann wird geschaut: Pro Arbeiterin mit Stärke 1-3 erhalte ich von einem grünen Plättchen meines Raumschiffs das dort abgebildete Einkommen, wobei ich jedes Plättchen nur einmal nutzen darf. Dann wird die Arbeiterin um eins stärker. Arbeiterinnen mit Stärke 4 werden nicht auf die 1 gedreht, sondern direkt in den Tiefschlaf versetzt. doch Stärke 4 Bienen sind wichtig: Jedes Einsatzfeld bringt nämlich einen Bonus, wenn eine Arbeiterin mit Stärke 4 draufgelegt wird. Das Rühmen-Feld, dass die Sondersiegpunktplättchen bringt, kann sogar nur mit einer 4er-Biene besetzt werden. 


Und dadurch ergibt sich der eigentliche Kniff des Spiels: Ich möchte unbedingt Arbeiterinnen haben, die Stärke 4 sind, auch wenn ich weiß, dass ich diese danach in den Ruhestand schicken muss und sie erst wieder zurückbekomme, wenn ich eine Arbeiterin auf das Wachsen-Feld lege (und diese möglichst stark ist, denn pro Stärkewert der eingesetzten Arbeiterin darf eine Biene zurück). Und das war es im Kern auch schon mit den Regeln. Schön übersichtlich und gefühlt durchaus im untere Kenner-Bereich. Durch die einzelnen Plättchen, die unterschiedlichen Rohstoffe und die tolle Verzahnung des Ganzen, sind die Möglichkeiten, die man in jedem eigenen Zug hat, aber durchaus sehr zahlreich und es ist nicht immer ganz leicht, an alles zu denken und alles zu überblicken. Und hierdurch kratzt Astrobienen dann doch eher am gehobeneren Ende der Kennerspielskala. Das ist aber gar nicht schlimm, da sich das Spiel immer belohnend anfühlt, alle Möglichkeiten irgendwie „richtig“ sind und man sich nie ins Aus spielen kann. Denn selbst wenn man alle Bienen in den Ruhestand geschickt hat, bekommt man eine „gratis“ zurück. Dadurch spielt es sich eben doch irgendwie fluffig leicht und ist ein echtes Wohlfühlspiel. Und wer sich den Kopf zerbrechen mag, darf das eben tun. Bauchspielende können hier aber problemlos mithalten.


Und so gelingt Astrobienen in meinen Augen ein fast perfekter Spagat: Einsteigerfreundlich und doch mit Anspruch, nicht überfordernd aber auch nicht zu seicht, belohnend und nie bestrafend, aber doch mit wirksamen und interessanten Entscheidungen. Mit einer tollen Anleitung samt Anhang mit Erklärung der einzelnen Fraktionen, toller Spielübersicht und getrennter Solo-Anleitung garniert. Wie ich schon sagte: Besser geht's nicht. Her mit dem grauen Pöppel!

________________________________________________________________



Astrobienen von Connie Vogelmann
Erschienen bei Feuerland Spiele
Für 1 - 5 Spielende in 60 - 90 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Feuerland Spiele)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine zusätzlichen Kosten, wir erhalten eine kleine Provision.

Kauri – Wettstreit im Schatten des Kauri-Baums (Rezension)

08. Juni 2025 um 09:00

19. Jahrhundert: Vier ungleiche Mächte prallen bei Kauri in den Wäldern Neuseelands aufeinander. Eine Kolonialmacht segelt mit Possums im Gefolge ans andere Ende der Welt, während Māori-Krieger*innen und Kiwi-Vögel ihr Zuhause verteidigen. Im Dickicht unter uralten Kauri-Bäumen entbrennt ein Wettlauf um das fragile Gleichgewicht der Insel.

Dieser Beitrag wurde von Tim Billen geschrieben

Catan Energien

Von:Rouven
24. Februar 2025 um 23:30

Kommt ein Spiel mit Hexagonen daher wird von Nicht- oder Wenigspielern oft gefragt: Ist das wie Catan? Bei Catan Energien kann man diese Frage dann aus tiefsten Herzen mit einem „Ja“ beantworten. Denn auch bei diesem neuen Ableger aus dem Catan-Universum und dem Hause Teuber sind alle bekannten Spielelemente enthalten: Wir bauen Straßen, Dörfer und Städte, nutzen dafür die Rohstoffe und generieren Siegpunkte. Was ist dann aber anders?

Der Fokus des Spiels liegt auf der Energiegewinnung, welche wir benötigen, um unsere Dörfer und Städte zu versorgen. Dabei haben wir die Möglichkeit auf günstige, fossile Energie oder aber auf teurere, dafür aber erneuerbare Energie zu setzen. Das Spiel unterstützt diese beiden Arten durch eine sehr prototypische Illustration von dreckigem Braun zu angenehmem Grün. Diese Entscheidung hat dabei auch Einfluss auf den Spielverlauf, denn es werden entsprechen farbige Plättchen in einen Beutel geworfen. Hieraus wird zu Beginn jeder Runde gezogen und die Plättchen lösen Ereignisse aus. Wenn dabei die Plättchen vorzeitig leer gehen sollten, dann kann das Spiel auch eher enden.
 

Grundsätzlich versuchen wir, stets die entstehenden negativen Umwelteinflüsse durch positive auszugleichen. Dies ist an den entsprechenden Stellen durch kleine Plus- und Minus-Symbole gekennzeichnet. Dennoch trägt das Umweltthema nicht an allen Stellen im Spiel: Beispielsweise wurde der Räuber durch den Umweltinspektor ersetzt. Alle bekannten Funktionen (Karten abwerfen und Rohstofffelder blockieren) sind dabei identisch, fühlen sich thematisch aber unpassend an. Wenn ich nur über braune Kraftwerke verfüge, wäre dieses Einschreiten des Inspektors logisch – doch auch beim Nutzen grüner Energie sperrt mir der Inspektor ein Produktionsfeld.


Bei der Herstellung des Spieles wurde bewusst auf nachhaltige Rohstoffe gesetzt, was dem Gesamtwerk beiträgt. Alle Pappmarker fühlen sich schön dick und wertig an, das generelle Grafikdesign ist gelungen. Es kommen auch kleine Pappboxen zum sortieren des Spielmaterials – das funktioniert an manchen Stellen gut, das gesamte Einräumen der Spieleschachtel wirkt aber nicht entsprechend durchdacht.


Catan Energien ist ein weiteres Catan-Spiel. Ob es das braucht, ist für mich noch etwas fraglich. Einige Catan-Varianten sind so anders, dass deren Existenz in meinen Augen vollkommen notwendig ist. Das Zwei-Personen-Karten-Spiel beispielsweise ist für mich eine der besten Catan-Adaptionen. Von den anderen Re-Skins halte ich normalerweise immer etwas Abstand.


Catan Energien funktioniert spielerisch und macht, wenn man über die kleineren thematischen Schwächen hinwegsieht, auch Freude. Geeignet ist es in meinen Augen vor allem für diejenigen, die vor Jahren Catan spielten und nun wieder zurückkommen und etwas Neues suchen. Catan Energien ist ein schöner Einstieg in eine bekannte Welt. Ein kleines bisschen komplexer als die klassische Variante, dafür aber mit einem aktuellen Thema versehen.

___________________________________________________________________



Catan Energien von Klaus und Benjamin Teuber 
Erschienen auf Deutsch bei KOMOS
Für 3 bis 4 Spieler in 90 Minuten ab 12 Jahren
Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier KOMOS)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link

Fliptown

Von:Julia
20. Februar 2025 um 23:30

 


Fliptown mag mechanisch ein Flip’n’Write sein, doch die riesigen Spielpläne laden zu einer Entdeckungsreise ein, die die Grenzen des Genres sprengt. Doch bedeutet mehr wirklich immer besser?

Fliptown ist ein Flip’n‘Write von Seven Aramini für 1-4 Spieler*innen ab 12 Jahren und dauert 30-45 Minuten.

[Spielmaterial: Thematisch, aber nicht ohne Hürden]



Als modernes Flip’n’Write ist es natürlich – und glücklicherweise – Standard, dass für alle Spielenden je ein abwischbares Tableau in der Box von Fliptown zu finden ist. Dieses lässt sich zwei Mal aufklappen und entfaltet erst dann seine ganze Imposanz. In der wohligen Mitte zwischen einem Ganz schön Clever und einem Twilight Inscription gibt es hier also je nach Spieler*innen-Niveau ein gewisses Maß an Reizüberflutung.

Zwar hält sich das Design des Spiels sehr nah am Thema – was die Vielzahl an Aktionsmöglichkeiten und entsprechenden Icons angeht, ist hier aber das Gegenteil von Wüste angesagt. Das gesamte Brett ist in der gleichen Farbgebung gehalten wie das Cover des Spiels, was gelinde gesagt scharf an einer Barrierefreiheits-Katastrophe vorbeischlittert. So kann das Spielbrett im ersten Moment definitiv überfordern – die Frage bleibt, ob man hier die Zugängigkeit für das Design hätte opfern müssen.


Aber: So fällt das Spiel natürlich auch auf und weht ein paar Steppenläufer über den heimischen Tisch. Zusätzlich gibt es die fürs Flip-Element benötigten Karten. Die sind in dieser Box in Form von einem klassischen Pokerset enthalten. Außerdem gibt es Automa-Karten und ein paar kleinere Ergänzungen fürs fortgeschrittene Spiel.
Also, auf in den Saloon!

[Spielablauf: Smarter Western-Showdown]

 

Spoiler vorab: Die Kritik am Design bleibt einsam. Darüber hinaus würde kein Sheriff der Stadt Fliptown auch nur ein Haar krümmen. Angefangen beim Grundmechanismus begeistert das Spiel mit frischem Wind fürs Genre.

Jede Runde werden drei Karten aufgedeckt, die alle Mitspielenden je drei unterschiedlichen Slots zuordnen dürfen:

  1. Farbkarte: Entscheidet, in welchem Bereich eures Tableaus ihr etwas macht.
  2. Wertkarte: Entscheidet, welche der Aktionen in dem Bereich ihr machen dürft.
  3. Handkarte: Wird zum Pokerblatt hinzugefügt, das euch am Ende einer Runde nochmal Punkte gibt.

Auf dieser Basis geht ihr nun auf Entdeckungstour. Und zu entdecken gibt es einiges!

Die vier Farben – also Kreuz, Pik, Kreuz und Karo – erlauben euch Zugang zu vier verschiedenen Bereichen, die allesamt völlig anders funktionieren:

  • Die Wildnis – Hier geht ihr einen Pfad entlang, der euch verschiedene Boni gibt. In bester Qwixx-Manier gibt es aber kein Zurück: Überspringt ihr einen Ort, könnt ihr ihn nicht mehr besuchen.  
  • Ödland – Hier könnt ihr Vieh stehlen, Postkutschen überfallen oder einen Eisenbahnraub probieren. Um die Belohnung zu ergattern, müsst ihr eine Karte vom Stapel aufdecken – ist diese Raubkarte höher als der Wert eures Ziels, war der Versuch erfolgreich. Sonst geht ihr leer aus.
  • Die Mine – Hier grabt ihr euch immer tiefer, indem ihr verschiedene Stollen herabklettert. Aus einer Ebene könnt ihr in die nächst tiefer gelegene absteigen, um dort an die besten Funde zu kommen.
  • Die Stadt – Hier findet ihr 13 verschiedene Orte, die euch alle völlig unterschiedliche Boni verleihen. Manche bieten euch einen Wett-Mechanismus, andere geben euch Upgrades für die anderen Gebiete, wieder andere ermöglichen euch, eure Sünden reinzuwaschen und die fiesen Wanted-Poster zu streichen.

Außerdem findet ihr auf eurem Tableau den Friedhof, den ihr immer dann besuchen könnt, wenn ihr ansonsten keine Aktion ausführen könnt oder möchtet. Dort warten auch Boni auf euch – aber eben auch die Wanted-Poster, die in der Sheriff-Phase spannend werden.


Ihr spielt Fliptown über drei Runden, wobei jede Runde aus sechs Phasen besteht. Das sind die Phasen:

  1. Zugstapel mischen
  2. Sheriffkarte festlegen (oberste vom Stapel verdeckt zur Seite legen)
  3. 5 Züge ausführen (5x3 Karten abhandeln)
  4. Pokerblatt abhandeln
  5. Schürfen und Schuften (Bonuspunkte einsammeln)
  6. Sheriff führt Verhandlungen durch (Sheriff-Kare aufdecken und mit Wanted-Postern der Spielenden abgleichen -> Bestrafungen für zu viele Wanted-Poster mit Push-Your-Luck-Element)

Viele der Phasen begeistern noch mit besonderen Kniffen, die hier den Rahmen sprengen würden. Zum Pokerblatt sei aber zu sagen, dass der Mechanismus hier richtig smart integriert wurde. So wählt ihr in jedem der fünf Züge eine Karte für die Pokerhand aus. Am Ende der fünf Züge hat so jede Person eine Pokerhand, die je nach Stärke neue Boni entlockt. 

Am Ende des Spiels gewinnt die Person, die die meisten Siegpunkte sammeln konnte. Und die warten in allen Gebieten auf ganz unterschiedliche Weise auf euch.

[Fazit: Ein absolutes Flip’n’Write-Highlight]

Fliptown schafft den Spagat zwischen Entdecken, fluffigem Mechanismus und hohem Wiederspielwert mit links. Das Spiel ist so smart durchdacht und so reichhaltig, wie es die wenigsten Flip’n’Writes sind. Selbst für die, die mit dem Genre eher herzloses Zahlen-Abklappern verbinden, ist dieses Spiel daher einen Blick wert. 

Ihr könnt Wetten abschließen, ihr könnt Pokern, ihr könnt epische Momente erleben und richtig schöne Kettenzüge aktivieren. Trotz kompakter Box wartet hier ein tolles Kennerspiel mit etwas höherer Einstiegshürde auf euch, das dann schnell zum Dauerbrenner wird.

Eins sei dazu aber noch gesagt: Fliptown funktioniert als reines Solo-Spiel (mindestens) genau so gut wie in Vollbesetzung. Interaktion zwischen den Spielenden ist hier eher Mangelware, die Rangelei im Saloon macht jede*r für sich aus. Wenn euch das nicht stört und ihr jedes Spiele-Highlight im Regal haben möchtet: Das hier ist eines davon.

 ____________________________________________



Fliptown von Steven Aramini
Erschienen bei Strohmann
Für 2-4 Spieler in 30-45 Minuten ab 12 Jahren
Boardgamegeek-Link

Kaufen bei der Meeplebox*

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Strohmann)

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.

Moonrakers – Krawall im All (Rezension)

15. Februar 2025 um 10:00

Ab ins All! In Moonrakers gehen bis zu fünf Spielende als Söldner*innen auf Ruhm- und Beutejagd in den Weiten des Weltalls. Mit kompetitiven und kooperativen Spielelementen verspricht der Deckbuilder spannende Einsätze und reiche Beute, aber auch Verrat und Intrigen. Am Ende kann nämlich nur eine Raumfahrende siegreich sein.

Dieser Beitrag wurde von Maximilian Lentes geschrieben

Die Patin

Von:Anita
25. Dezember 2024 um 23:30

Lasst uns eintauchen in die zwielichtige Welt des Untergrunds in Beasty Town. In die Patin erweitern wir als Mafiabossin kontinuierlich unseren Claneinfluss, indem wir Ratten bestechen, Hinterzimmer einrichten und Gebietsanspruch erheben.

Der Stadtplan besteht aus unterschiedlichen, farblich sich unterscheidenden Stadtvierteln, welche wiederrum aus Stadtgebieten bestehen. 
Der Spielaufbau ist abhängig von der Anzahl an Mitspielern. Bei 5 Mitspielern sind alle Stadtviertel im Spiel. Bei weniger werden welche abgeteilt und damit aus dem Spiel genommen. 


Jeder Spieler erhält das komplette Spielmaterial in seiner Farbe und beanspruchen nun beginnend mit dem Startspieler ein Stadtviertel. Anschließend werden 6 Ratten auf den umliegenden Gullys verteilt. 

Jeder Spieler hat zu Beginn jeder Runde 3 Handlanger und eine Bossin. Zusätzlich wählt jeder Spieler vorab verdeckt eine Intrigenkarte aus. Die gewählte Intrigenkarte legt die Fähigkeit der Bossin während der kommenden Runde fest. 

Der aktive Spieler hat nun die Möglichkeit innerhalb seines Territoriums zu agieren und dort seine Stellung zu festigen oder außerhalb seines Territoriums. Dies kann er mit einem Handlanger oder der Bossin und ihrer Spezialfähigkeit tun. 


Ein Handlanger kann innerhalb des Territoriums entweder Ratten bestechen (eigene Ratten auf Gullys platzieren oder Fremde entfernen), Beutemarker aus dem Stadtviertel nehmen oder Hinterzimmer einrichten. Richtet man ein Hinterzimmer ein, entfernt man das Geschäft im Stadtgebiet und legt ein eigenes Hinterzimmerplättchen hin. Geschäfte bringen zum einen Soforteffekte und zum anderen Siegpunkte am Ende. 

Agiert man außerhalb seines Territoriums, kann man zunächst beliebig viele Beutemarker einsetzen um Ratten zu bestechen und anschließend Anspruch auf das Gebiet erheben.
Um einen Anspruch erfolgreich geltend zu machen, muss man die Mehrheit in dem Gebiet aufweisen. Dafür werden alle Ratten auf den anliegend Gullys sowie die Anzahl der Handlanger addiert. Ist dieser Wert höher als der der Mitspieler, dürfen die Stadtgrenzen verschoben werden und das Territorium wächst. 

Entscheidet man sich mit der Bossin zu spielen, wird gleichzeitig die Intrigenkarte aktiviert und damit die spezielle Rundenfähigkeit der Bossin aktiviert. 
Diese Fähigkeiten sind deutlich stärker als die der Handlanger. So darf man bspw. 5 Aktionen innerhalb des eigenen Gebiets durchführen, außerhalb des Gebietes 4 Ratten bestechen oder alle Ratten von einem Gully entfernen und anschließend Anspruch erheben. 
Sind alle Handlanger und die Bossin gespielt endet die Runde.

Am Ende jeder Runde können Missionen gewertet werden. Um Missionen zu werten, müssen die Bedingungen am Ende der Runde erfüllt sein. Während des Spiels kann jede Mission nur einmal gewertet werden. Beispielsweise wird das größte Gebiet gewertet oder wer die meisten Ratten auf einem Gully hat:


Anschließend werden die Handlanger und die Bossin zurückgenommen, eine neue Intrigenkarte ausgewählt und die nächste Runde startet.

Nach 5 Runden endet das Spiel und die Schlusswertung beginnt. 
Für jedes Missionsplättchen erhält man die aufgedruckten Punkte, für die Geschäfte erhält man Punkte je mehr Geschäfte einer Art eingenommen wurden und jedes gegnerische Hinterzimmer bringt ebenfalls einen Punkt. 
Gewonnen hat der Spieler mit den meisten Punkten.


Fazit
Die Patin brauchte etwas Zeit um mich zu überzeugen. 
Zu Beginn war ich vom Spielbrett erschlagen. Es ist insgesamt chaotisch und man verliert ständig den Überblick und muss genau gucken, wer wo die Hoheit hat. Das wurde irgendwann ziemlich anstrengend. 

Die Regeln sind schnell erklärt und übersichtlich, die Patin hat dann aber schon taktische Tiefe.
Am Anfang denkt man eventuell noch, dass es ein Area Control Spiel ist. Ist es natürlich auch, aber immer die Gebietsmehrheit zu haben führt am Ende nicht zum Sieg. Wann macht es Sinn welches Gebiet einzunehmen, in welche Richtung sollte man sich ausweiten und wann sollte man ein Gebiet bewusst aufgeben? Schließlich möchte man in jeder Runde eine andere Mission werten, um an Ende viele Punkte zu erhalten. Dementsprechend viel Bewegung gibt es auch auf dem Spielbrett. Anders als bei anderen Area Control spielen wechseln hier ständig die Gebiete. Je weiter das Spiel voranschreitet, desto länger denkt man auch über seine Züge nach. Die Runden gehen einigermaßen schnell, jeder Mitspieler hat nur 4 Spielzüge. 

Die Patin ist sehr interaktiv und der Ärgerfaktor groß. Mühsam platzierte Ratten werden entfernt, Gebiete übernommen, die eigenen Pläne permanent durchkreuzt. 
Wer das mag, kann einen Blick auf die Patin werfen.

___________________________________________________________


Die Patin von Pim Thunberg
Erschienen bei Zoch Verlag
Für 2 bis 5 Spieler in ca. 60 - 150 Minuten ab 12 Jahre

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Zoch Verlag)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Für Euch entstehen dabei keine Kosten, wir erhalten jedoch eine kleine Provision.

Botanicus

Von:Rouven
15. Dezember 2024 um 23:30

Blüten, Blumen, entspanntes Gärtnern und die Natur genießen? Nicht in Botanicus. Hier liegt ein knallhartes Kennerspiel vor, welches euch mit seinen begrenzten Zügen ordentlich zu schaffen macht. Doch nun Stück für Stück:

Botanicus aus dem Hause Hans im Glück kommt mit ansprechendem Artwork und schönem Thema daher. Einmal aufgebaut, findet man sich der eigenen kleinen Gärtnerei wieder, in welcher man geschickt Pflanzen setzen und züchten muss, um letztlich Besuchende dieser Gärtnerei glücklich zu machen (und wie sollte es anders sein; dafür gibt es dann Siegpunkte). Wir spielen alle auf unseren eigenen Brettern, interagieren aber über einen gemeinsames Aktionsauswahlbrett. Hier wählen wir aus, was wir machen möchte. Dabei bekommt man in der Regel aber nicht einfach eine Standardaktion, bspw. das Setzen oder Gießen von Pflanzen, sondern eine Anzahl von Schritten, welche man auf den entsprechenden Leisten hochgeht. Der Platz auf dieser Leiste gibt einem dann das eigentliche Gießen oder Pflanzen setzen. Ist dies nicht schon verknüpft genug, sind alle Aktionen im Spiel auch noch sehr knapp. Bereits von Beginn des Spieles an sieht man das Ende kommen, da nach 16 Aktionen bereits Schluss ist.


Zumindest bietet Botanicus zwei verschiedene Schwierigkeitslevel. Eines, eher im Kennerniveau, da haben alle den gleichen Spielplan, kleine Tiere, die man sammeln kann, haben nicht noch zusätzliche Funktionen. Auf der „Experten-Seite“ hat dann jeder von uns ein individuelles Tableau und die Tiere in der Gärtnerei schalten unterschiedliche Boni frei. Das Grübeln und Puzzeln vertieft sich enorm.


Wann sollte man zu Botanicus greifen? Wenn man ein relativ komplexes und verzahntes Spiel sucht, welches in gut 60 Minuten vorbei ist. Schön interaktiv, durch die Aktionsauswahl stets sehr eng und knapp in Punkto Ressourcen und Aktionen. Was ihr definitiv nicht bekommt: Ein kuscheliges Wohlfühlspiel mit Pflanzenthema. Da seid ihr hier falsch.
___________________________________________________________________



Botanicus von Samuele Tabellini Ferrari und Vieri Masseini 
Erschienen auf Deutsch bei Hans im Glück
Für 2 bis 4 Spieler in 45 - 60 Minuten ab 10 Jahren
Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Hans im Glück)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link

Die Gilde der fahrenden Händler

Von:Oli
12. Dezember 2024 um 23:30

Die Gilde der fahrenden Händler ist nun wahrlich kein „frisches“ Spiel mehr. Doch fühlt es sich trotz allem frisch an. Für mich zumindest. Als der ursprüngliche Hype losging, wartete ich auf die deutsche Version. Als die dann erschienen ist, hatte ich zu viele ungespielte Sachen auf dem Berg der guten Aussichten liegen und dann…war das Spiel ausverkauft. Prima. Glücklicherweise kam das Spiel dann auf die Liste der Nominierten zum Kennerspiel des Jahres und Skellig begann mit der Nachproduktion. So konnte das Spiel nun endlich auf meinem Tisch landen.


Und ja, was soll ich sagen. Eigentlich ist es im Herzen ein Flip & Write, nur ohne Stifte sondern mit Klötzchen, mit einfachen Regeln und relativ wenig Material. Aber durch die vielen wirklich interessanten Entscheidungen, die man hier in einer Partie treffen muss, hat es mich total abgeholt und ist mein Kennerspiel des Jahres des Herzens (was sicherlich auch daran liegen mag, dass ich die anderen beiden Nominierten noch nicht gespielt habe, hehe). Aber unabhängig von irgendwelchen Preisen und Platzierungen, ist Die Gilde der fahrenden Händler ein absolut tolles Spiel, das bei meinem Spielegeschmack genau ins schwarze getroffen hat. Warum das so ist, kann ich dabei gar nicht so genau fassen. Es ist einfach diese Mischung aus schlichten Regeln, vielen Möglichkeiten und Entscheidungen und einem total fluffigen, leichtgängigen Spielgefühl, dass einfach Spaß macht. Auch wenn es mir ein wenig Kingdom Builder Vibes gibt und ich nicht grade der größte Fan von Kingdom Builder bin. Aber die Gilde ist einfach so viel besser als der Builder (sorry…). Soweit also mein vermutlich wenig überraschendes Fazit zur Gilde der fahrenden Händler. Dennoch sollten wir nochmal einen Blick ins innere der Schachtel und auf den Spieletisch werfen:

Zum einen finden wir in der Schachtel acht Spielpläne mit insgesamt vier unterschiedlichen Landkarten, die für Varianz sorgen. Daneben gibt es ein paar Holztürme und einige Token (Münzen, Handelsposten und Schätze) und in jeder Spielendfarbe einige Holzwürfel (= Kundschafter) und Dörfer. Nicht zuletzt natürlich noch einige Karten sowie ein Bord zur Kartenauslage. Gespielt wird über vier Runden. In Runde eins besteht der zu flippende Kartenstapel aus fünf Karten plus der Karte für Runde 1. Jede Karte hat einen eigenen Platz auf dem Bord, sofern sie gespielt wurde. Man weiß also immer, welche Karten noch kommen könnten. In jeder Runde kommt zudem die Karte mit der jeweiligen Rundennummer hinzu. Außer in Runde vier, da diese Karte mit den Runden 1-3 beschriftet ist. Was es mit diesen Rundenkarten auf sich hat, dazu gleich mehr. Zu der Auslage kommen zudem drei Zielkarten, die man zufällig aus den sechs Zielkarten, die es für die gewählte Landschaft gibt, zieht. Außerdem kommt noch ein Stapel Erforschungskarten sowie ein Stapel Schatzkarten dazu. Aufgebaut ist das Spiel also in maximal 5 Minuten und dann können die Regeln erklärt werden, was ungefähr genauso lang (bzw. kurz) geht:


Eine Karte wird aufgedeckt und bestimmt dadurch, wo man in dieser Runde Kundschafter setzen darf, also z.B. „zwei auf Graslandfelder“ oder „einen auf ein Bergfeld“. Kundschafter müssen dabei zu Beginn immer angrenzend an die eigene Hauptstadt gesetzt werden, anschließend aber auch an bereits bestehende Kundschafter oder eigene Dörfer. Dörfer darf ich gründen, sobald ich alle zusammenhängenden Sechsecke eines Landschaftstyps erkundet habe. Für das Gründen von Dörfern bekomme ich Münzen und zwar je nach Runde aufsteigend viele. Da ich nur 13 Stück habe und diese einmal gesetzt, nicht mehr verschoben werden können, muss gut überlegt werden, wann und wo ich diese setzen möchte. Erreiche ich einen der Türme auf der Landkarte, stelle ich einen Turm drauf und bekomme Münzen. Erreiche ich eine Ruine, darf ich Schätze heben (entweder sofort Münzen oder am Spielende). Und decke ich Münzen ab, bekomme ich eben Münzen. Verbinde ich zwei aufgedruckte Städte miteinander, bekomme ich ebenfalls Münzen – muss eine der Städte dann aber durch einen Handelsposten überdecken. Diese Stadt kann also künftig nicht mehr mit anderen Städten für Münzen verbunden werden. Alle haben also die gleiche Landkarte und müssen immer das Gleiche bauen. ABER: wird eine der Rundenkarten gezogen, so dürfe alle zwei Erforschungskarten ziehen und sich eine davon aussuchen und eine ganz persönliche Aktion durchführen. Diese persönlichen Karten sammelt man und das die Rundenkarten jeder Runde zwar in den Stapel dazukommen, aber nicht aussortiert werden….nutzt man die Aktion von Runde 1 also mindestens vier Mal im Spiel. Mindestens, weil die Rundenkarte von Runde Vier einen später wählen lässt, welche der drei Aktionen man ausüben möchte.

Im Kern sind das auch schon alle Regeln. Der Clou kommt tatsächlich durch das geschickte Platzieren der eigenen Dörfer. Denn nach jeder Runde werden sämtliche Kundschafter vom Spielfeld genommen und das ganze geht quasi wieder von vorne los. Wer also in Runde 1 kein einziges Dorf gegründet hat, fängt gefühlt wieder bei Null an. Und genau dieses „Zurücksetzen“ dürfte der Grund sein, warum Die Gilde der fahrenden Händler kein Flip & Write Spiel geworden ist. Weil das ständige Abwischen einfach zu mühselig, nervig und fehlerbehaftet geworden wäre. Aber genau dieser Clou mach das Spiel so taktisch, so spannend und auch so großartig. Am Ende gewinnt, wer die meisten Münzen erringen konnte.


Nach vier Runden und guten 30-60 Minuten ist das Spiel zu Ende und schreit nach einer Revanche. Allerdings muss man auch sagen, dass man hier Interaktion vergeblich sucht. Zwar ist es bei den Aufträgen so, dass die Person, die einen solchen als erstes abschließt mehr Münzen bekommt, als alle nachfolgenden und dadurch ein kleines Wettrennen entsteht. Das hilft dem Spiel aber nicht wirklich dabei, interaktiver zu wirken. Muss es (für mich) aber auch gar nicht. Dazu gesellt sich konsequenterweise ein wirklich guter Solo-Modus, der es allerdings auch in sich hat und der praktisch ohne Sonderregeln auskommt. Außer: man muss alle Aufträge erfüllen (und diese fallen im Laufe der Runden weg) und am Ende je nach Schwierigkeitsgrad eine bestimmte Münz-Schwelle überschritten haben.

Abschließend verweise ich gern auf mein Fazit zu Beginn dieses Textes: Ich finde Die Gilde der fahrenden Händler absolut großartig und ein Must-Have für jede gut sortierte Sammlung!


_________________________________________________________________


Die Gilde der fahrenden Händler von Matthew Dunstan und Brett J- Gilbert
Erschienen bei Skellig Games
Für 1 - 4 Spielende in 45 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Skellig Games)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine zusätzlichen Kosten, wir erhalten eine kleine Provision.

REVIEW | Rezension Brettspiel Rajas of the Ganges – Cards & Karma

Von:Carina
10. Dezember 2024 um 08:11

Rajas of the Ganges war nach Erscheinen ein Spiel, das unter dem Radar flog – lange hat es gedauert, bis es seinen verdienten Ruhm eingefahren hat. Heute zählt es sicher schon zu den Klassikern, die man mal gespielt haben muss. Außerdem hat es doch lange vor Arche Nova mit gegenläufigen Leisten gearbeitet und damit einen neuen Kniff in […]

Nassau

05. Dezember 2024 um 23:30
 
Nassau ist der mittlerweile 7. Titel der Stefan Feld City Collection aus dem Hause Queen Games. Dabei handelt es sich um ein neu entwickeltes Spiel, welches jedoch den Grundmechanismus des älteren Feld-Titels Um Ru(h)m und Ehre beinhaltet.

Die Produktionsqualität in Nassau lässt zunächst einmal keine Wünsche übrig. Schickes Cover, eigene Playerboards in Form von Piratenschiffen, kleine Piratenmeeples, Unmengen an Tokens und so allerlei Extrakrimskrams. Wo bei manchen Produkten der Reihe oft der Unmut der Käufer wegen vermeintlich zu hoher Preise auf den Verlag hereinprasselte, kann man hier sagen: Man bekommt allerlei für sein Geld!



In Nassau übernehmen wir die Rollen eines Piratenkapitäns und grundsätzlich können wir eine Partie in 3 Phasen aufteilen: Vorbereitung, Reise und Lagerfeuer (selbst ausgedachte Beschreibungen). Der angesprochene Grundmechanismus des alten Titels kommt dabei in der ersten und namensgebenden Phase des Spiels - der Nassau-Phase - zum Zuge. Hierbei versuchen wir uns nämlich in der Stadt mit Materialien auszustatten, bevor unsere Seereise (2. Phase) beginnt.

Dabei setzen wir unsere Piratenmeeple immer auf Wegstrecken zwischen zwei Orten und bewegen den Piratenkönig zur neuen Location, und führen dort die passende Aktion aus. Meistens nehme ich mir A oder B, z. B. Proviant (brauche ich zum längeren Reisen in Phase 2), Kanonen (brauche ich zum Schießen in Phase 2) oder aber auch Rum (brauche ich zum Neuwürfeln in Phase 2, aber auch in Phase 3 zum Angeben). Das clevere an dieser Phase des Spiels ist, dass ich nicht nur versuchen muss meine Wunschstopps auf der Stadtkarte zu erreichen, sondern dabei auch erheblichen Einfluss auf meine Mitspieler habe. Bewege ich mich nämlich Richtung Norden, aber mein Nachfolger braucht dringend noch etwas aus dem Süden, dann ist das erstmal doof für ihn. Passt so garnichts wirklich oder wird die Strecke zu lang (lange Strecken = mehr Meeple zum Einsetzen), dann kann ich auch mit Rum aussetzen. Zum Schluss kommt noch dazu, dass ich auch ganz Aussteigen kann. Wer zuerst passt, darf eine Anlegestelle für Phase 2 zuerst wählen und die für ihn sinnvollsten Boni abstauben. Clever!

In Phase 2 verprassen wir dann alles, was wir so in Phase 1 eingesammelt haben. Grundsätzlich brauche ich in meinem Zug stets Proviant, um eine weitere Aktion auszuführen. Habe ich davon keinen mehr, muss ich auch hier passen und lande zuerst in Phase 3. Die Aktionsmöglichkeiten in der See-Phase sind zunächst überwältigend, aber lassen sich dann schlussendlich doch auf bekannte Mechanismen herunterbrechen. Ich kann Kontrolltürme auf See errichten (bringen Siegpunkte), ich kann Handelswaren bei Inseln ergaunern (ist eine Art Set-Collection mit vorgegebener Reihenfolge), ich kann Gegner bekämpfen (ist eine Art Push-Your-Luck mit Glücksmoment), ich kann Piraten stationieren (gibt mir die Möglichkeit von nun an von dieser Insel zu starten) etc. Das schöne an diesem Spielelement ist für mich, dass es ein permanentes Wettrennen ist. Ich muss in meinem Zug gut überlegen, was ich als erstes erledigen will, denn komme ich zu spät, oder sitzt das ganze zu weit unten auf meiner Prioritätenliste, dann kommt mir ein anderer zuvor. Zudem zeigt sich hier die gute Vernetzung zwischen Phase 1 und 2. Was zunächst wie eine Art losgelöstes Element aussieht, stellt sich aber schon bald als eng verwobenes Netz dar. Bereits in Phase 1 muss ich gezielt versuchen die notwendigen Rohstoffe und Materialien zu ergattern, damit ich in Phase 2 handlungsfähig bin. Die Möglichkeiten hierbei sind extrem variabel. Toll!
 

 
Phase 3 ist dann die Lagerfeuer-Phase - eine Art Auftragserfüllungs-Phase, die aber (für ein Stefan Feld Spiel) extrem thematisch ist. Wir befinden uns nämlich am Lagerfeuer und müssen Geschichten von unserer Seereise erzählen. Wie es sich für eine gute Piratengeschichte gehört, muss ich aber zunächst eine Flasche Rum öffnen. Danach lege ich Auftragskarten ab, welche ich erfüllt habe. Kann ich eine Auftragskarte nicht erfüllen, will aber dennoch ein paar wenige Punkte ergattern, lege ich diese verdeckt als sogenannten "schlechten Witz" ab. Harharhar. Ihr erinnert Euch doch alle noch daran, als ich 1476 einen Kraken bezwungen habe und dann noch 2 Proviant an Board hatte? Richtig. Tolle Geschichte! Gefällt mir extrem gut und in meinen Runden war so der ein oder andere Lscher garantiert, wenn man auch ein wenig schauspielert!

Zusammenfassend ist Nassau für mich ein echtes Highlight der Reihe und reiht sich neben Marrakesh für mich an der Spitze ein. Haben die Spiele von Stefan Feld oft den Charakter etwas "trocken" zu sein, so zeigt sich hier jedoch ein super thematisches und auch mit dem ein oder anderen Glückselement verziertes Piratenspiel. Nassau ist für mich ein Keeper!
____________________________________________________________________


Nassau von Stefan Feld
Erschienen bei Queen Games
Für 2 bis 4 Spieler in ca. 120 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Queen Games)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Für Euch entstehen dabei keine Kosten, wir erhalten jedoch eine kleine Provision





Feed the Kraken

Von:Daniel
24. November 2024 um 23:30

Dicke Luft auf der „Instabil“! Schon kurz nach dem Aufbruch von Crab Island in Richtung Bluewater Bay gibt es die ersten Streitereien über die beste Route. Irgendwie hatten wir uns den Weg etwas entspannter vorgestellt, aber nach zwei Meutereien, diversen Wechseln am Steuer und misstrauischen gegenseitigen Durchsuchen von Kajüten ist immer noch nicht klar, welche Richtung das Schiff einschlagen sollte. Und während die Seeleute an Bord noch lautstark debattieren, ragt unweit des Hecks schon ein überdimensioniertes Tentakel aus dem Wasser. Da will wohl ein Kraken gefüttert werden…

Feed the Kraken ist ein Deduktionsspiel aus dem Hause Funtails, bei dem drei assymetrische Fraktionen versuchen, ihr Schiff in die ihnen opportune Richtung zu manövrieren. Die zahlenmäßig überlegenen Segler gewinnen das Spiel, wenn sie die „Instabil“ nach Bluewater Bay im Osten lenken, die an Bord versteckten Piraten, wenn es gelingt, den Kurs nach Westen zur Crimson Cove einzuschlagen. Zwischen diesen Zielen lauert der geheimnisvolle Kraken in den Untiefen des Meeres, der von dem Kultistenführer und seinen inzwischen konvertierten Gefolgsleuten angesteuert werden möchte.

Auf hoher See: Die Navigation

Für das Spiel stehen uns zwei Seiten des Spielplans zur Verfügung, die entweder eine kurze (für 5-7 Personen und die erste Partie) oder eine lange Reise (für 7-11 Personen) versprechen und dementsprechend aufgebaut werden. Der Spielablauf folgt einem festen Rundenschema und geht gut von der Hand. Zunächst ernennt der amtierende Kapitän einen Lieutenant und einen Navigator. Diese drei Personen entscheiden über die nächste Bewegung der „Instabil“. In einer zweiten Phase hat die Crew die Möglichkeit, dieses vom Kapitän bestimmte Navigationsteam abzulehnen und eine Meuterei auszulösen. Dafür nimmt jedes Crew-Mitglied 0 oder mehr Pistolen verdeckt in die Hand. Diese werden gleichzeitig aufgedeckt und je nach Spielerzahl ist eine bestimmte Anzahl von Pistolen für eine Meuterei notwendig. Ohne Meuterei geht es mit der folgenden Navigationsphase weiter. Ist die Meuterei jedoch erfolgreich wird neuer Kapitän, wer die meisten Pistolen gezeigt hat und die Runde startet von Neuem mit der Ernennung von Lieutenant und Navigator.


Die folgende Navigationsphase ist das Herzstück von Feed the Kraken. Kapitän und Lieutenant ziehen je zwei Navigationskarten und wählen jeweils eine aus, die sie verdeckt in das wertig produzierte Captains Logbook, eine mit Filz ausgelegte Kiste, legen. Der Navigator schüttelt die Kiste, bis sichergestellt ist, dass er nicht nachvollziehen kann, wer welche Karte beigetragen hat. Anschließend wählt er eine der beiden Karten aus, die dem Schiff die Richtung vorgibt und Aktionen auslöst. Die Diskussion über die Karten, die zur Auswahl standen und letztlich gewählt wurden, bestimmt den Social Deduction-Aspekt von Feed the Kraken, denn hier kann gelogen, getäuscht und beschuldigt werden, wie es das Seglerherz begehrt. In der anschließenden Dienstfrei-Runde werden je nach Spielerzahl der Navigator und ggf. der Lieutenant und der Kapitän in eine Pause geschickt. Sie stehen für die kommende Runde nicht mehr zur Verfügung, die sich nun anschließt.


Aktionen als Salz(wasser) in der Suppe 

Die bei der Navigation ausgelösten Aktionen sind ein weiterer wesentlicher Bestandteil der Deduktion in Feed the Kraken. Einerseits sind auf der Seekarte Aktionsfelder verteilt, die ausgelöst werden, sobald sich das Schiff darauf bewegt. So kommt es zu Kabinendurchsuchungen (der Kapitän erfährt die Fraktions-Zugehörigkeit eines Crew-Mitglieds), Verstümmelungen (einem Crew-Mitglied wird die Zunge abgeschnitten und dieses darf und kann im Anschluss nicht mehr sprechen) und Auspeitschen, um aus einem bedauernswerten Crew-Mitglied herauszupressen, welcher Fraktion es nicht angehört. Schließlich tauchen weiter im Norden Felder auf, auf denen der Kraken seinen Tribut fordert. Hier wählt der Kapitän ein Crew-Mitglied aus, das dem Kraken verfüttert wird. Erwischt es hierbei den Kultführer, gewinnt dieser mit seinen Kultisten sofort das Spiel. Auch die gewählte Navigationskarte selbst löst eine Aktion aus, die der Informationsgewinnung dient, für Pistolen sorgt oder einen Kultaufstand bewirkt, bei dem der Kultistenführer bspw. einen weiteren Kultisten rekrutieren kann.


So wird Runde für Runde, je näher wir den Zielen im Norden der Karte kommen, das Deduktions-Puzzle zusammengesetzt. Dabei helfen uns zusätzlich die unterschiedlichsten Charakter-Fähigkeiten, von denen wir zu Beginn der Partie eine (von 22!) gezogen haben. Sie ermöglichen weitere Interaktion zwischen den Spielenden oder geben uns kleine Vorteile, die allerdings selten wirklich besonders stark ins Gewicht fallen.

Social Deduction als Brettspiel

Jahrelang hätte man mich mit Social Deduction-Spielen von jedem Tisch vertreiben können. Das klassische Werwolf fand ich immer zum Gähnen und die Entscheidungen, die die Runde getroffen hat, meist so willkürlich, dass bei mir einfach kein Spielspaß aufkommen wollte. Dazu noch die endlos langen Runden, bei denen oft Mitspieler unbeteiligt am Rand saßen; wirklich kein schönes Spielerlebnis. Daher war ich zunächst skeptisch, als ich von Feed the Kraken hörte und es in den Händen hielt. Dann aber die Erleichterung: Hier steckt ganz viel Mechanik und Logik drin. Ein richtiges Brettspiel eben, keine verkappte Selbsthilfegruppe im Kreis.


Dabei kommt der Social-Aspekt von Social Deduction keinesfalls zu kurz. Ohne Diskussionen, Lügen und Beschuldigungen kommt auch dieses Spiel nicht aus und das ist gut so. Es gibt aber immer eine Grundlage an Informationen, auf denen diese Diskussionen ausgetragen werden und das macht Feed the Kraken für mich so interessant und spannend. Eingebettet in ein passendes Setting hangeln wir uns von Runde zu Runde und tragen so immer mehr Informationen zusammen. Ein wenig repetitiv und mechanisch kann das mit der Zeit wirken. Je weiter wir jedoch segeln, desto größer wird die Spannung am Tisch und die unterschiedlichen Aktionsfelder sorgen für Abwechslung auf dem Weg. So entstehen einprägsame Spielerlebnisse, bei denen es eben nicht nur darum geht, dass mein Gegenüber so verdächtig aussieht, sondern sich eben ganz konkret verdächtig verhalten hat bei der Navigation. 

Fazit: Unbedingt in See stechen!

Sicherlich gibt es Spielertypen, die auch mit dem mechanischen Fundament von Feed the Kraken immer noch nichts mit dem Genre anfangen können. Wer davon weiterhin abgeschreckt ist, lässt einfach die Finger davon. Alle, die jedoch Spaß daran haben, in einer größeren Gruppe (der Sweet Spot sind mehr als 7 Spielende) diskutierenderweise ein Puzzle zu lösen, bekommen mit Feed the Kraken ein hochwertig produziertes und gut durchdachtes Spiel, das sich eben mehr wie ein Brettspiel anfühlt, das richtig viel Fleisch am Knochen hat, wie der Anglist zu sagen pflegt. Die Deluxe-Version macht dann auch noch mehr her als die reguläre Variante, stand für die Rezension aber nicht zur Verfügung. Mich hat das Spiel jedenfalls überzeugt. Ich geh dann mal den Kraken füttern. Möchte jemand freiwillig in die Fluten?

 ____________________________________________________________________



Feed the Kraken von Maikel Cheney, Tobias Immich und Dr. Hans Höh
Erschienen bei Funtails
Für 5-11 Spielende in ca. 45-90 Minuten ab 12 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Funtails)

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine zusätzlichen Kosten, wir erhalten eine kleine Provision.
❌