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Lacrimosa

20. Mai 2025 um 21:30

Lacrimosa – Mozart ist tot, und wir machen Karriere

Mozart hat sein letztes Werk nicht vollendet – tja, dann müssen wir halt ran. Als loyale Mäzene schreiben wir in Lacrimosa fleißig an Mozarts Lebenswerk mit – und das so, dass am Ende wir in der Biografie besonders gut dastehen. Moralisch fragwürdig? Ja. Eurogame-technisch genial? Auch ja.

Was passiert hier eigentlich?

Lacrimosa kombiniert mehrere clevere Mechanismen zu einem wunderbar verzahnten Ganzen:

Kartenmanagement mit Zähneknirschen

Du spielst pro Runde vier Karten – jeweils eine in die Aktionszeile (oben) und eine in die Einkommenszeile (unten). Blöd nur, dass du beide Effekte brauchst. Was heute Einkommen bringt, ist morgen schon ein verpasster Zug. Hier trennt sich das Genie vom Dilettanten.


Deckbau light – aber clever

Du kaufst im Spiel neue Karten – allerdings nicht, um ein fettes Deck zu bauen, sondern um dein begrenztes Karten-Set zu verbessern. Qualität statt Quantität also. Timing ist hier alles.

Reisen, Kompositionen und Hofschleimerei

Du hast fünf verschiedene Aktionen zur Auswahl:
Reisen bringt dir Boni in Städten (aber kostet ein Vermögen)
Kompositionen kaufen heißt: Werke sichern = Siegpunkte
Hofaktionen geben Vorteile wie Karten, Einkommen oder Adelslob (und du willst Adelslob!)


Das Requiem – area control mit Klassik-Feeling

Mozarts Requiem ist ein zentrales Puzzle: Du spendierst Notenblätter an Komponisten und sicherst dir Mehrheiten in verschiedenen Abschnitten. Wer hier taktisch klug agiert, räumt dick Punkte ab – und ärgert andere mit seiner Präsenz.

Fazit?

Lacrimosa ist wie ein Konzert mit unerwartetem Gitarrensolo – klassisch, aber mit Pep. Die Mechaniken greifen sauber ineinander, es gibt kaum Leerlauf, und Entscheidungen wiegen schwer. Das Thema ist nicht nur Deko, sondern clever eingebettet. Einzig die Optik... nun ja: Beige als Hauptfarbe war mutig – vielleicht zu mutig.


Starke Töne:

Karten-Dualismus sorgt für knifflige Entscheidungen

Thematik ist nicht nur aufgesetzt, sondern durchgezogen

Das Requiem-Mehrheitenspiel macht richtig Laune

Kaum Downtime, viel Planung, null Leerlauf

Schräge Töne:

Spielplan lädt farblich nicht gerade zum Verweilen ein

Der Solo-Modus ist solide, aber kein Muss

Einstieg ist machbar, aber die Ikonographie braucht 1–2 Runden

Letzte Worte?

Lacrimosa ist kein lautes Brettspiel, sondern ein leises Meisterwerk. Wer subtile Interaktion, elegantes Ressourcenmanagement und clevere Kartenmechaniken mag, wird sich hier pudelwohl fühlen. Die Optik ist Geschmackssache, der Spielspaß hingegen ziemlich unbestritten.
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Lacrimosa von Gerard Asceni und Ferran Renalias
Erschienen bei Kosmos
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 90 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kosmos)
*es handelt sich um einen Affiliate Link. Für Euch entstehen dabei keine Kosten, wir erhalten jedoch eine kleine Provision

Five Peaks

Von:Oli
13. Oktober 2024 um 22:30

Den Treffl-Verlag kannte ich bislang hauptsächlich durch Puzzles, die vornehmlich, aber nicht nur, bei Discountern zu finden waren. Dass der Verlag auch Spiele hat war mir nicht so wirklich bewusst, aber man lern ja nie aus. Und wie es dann so kommt, landete Five Peaks auf meinem Tisch und brillierte erstmal mit einem toll gezeichneten Cover, dass einem das unverbrauchte Thema direkt entgegen ruft: hier geht es ums Wandern. Und wer jetzt ein reines Würfel-Lauf-Spiel erwartet, den muss ich enttäuschen. Denn wir haben hier eine (familiengerechte) Mischung aus Handmanagement/Deckbuilding, Set Collection, Ressourcenmanagement und Laufspiel im weitesten Sinne (Wanderspiel passt hier tatsächlich sehr gut) vorliegen. Überrascht? Das war ich auch, nach dem Lesen der Anleitung. Und wollte das Spiel schnellstens spielen.


Also nichts wie ran an die Packung und dort finden wir als erstes neben den ganzen Standbögen mit sechseckigen Geländeplättchen, viereckigen Gipfelplättchen und runden Endorphinplättchen (mit Smileys) ein schickes (wenn auch nicht aus hochwertigem Material gefertigtes, aber was erwartet man bei dem Preis?) Inlay, indem Platz ist für alles, was wir ausgestanzt haben, aber auch für all die Karten (Startkarten, Wanderkarten, Lagerfeuerkarten und Panoramakarten) und diversen Holzressourcen des Spiels. Und einen Deckel hat das Teil auch. Vom Material her ist Five Peaks also auch eine positive Überraschung.


Da kann doch nichts schiefgehen? Warten wir’s ab, denn bislang ist es viel Schein und das Sein will ja noch untersucht werden. Das Startgelände mit dem Parkplatz wird auf den Tisch gelegt, wer mitspielt bekommt einen Rucksack mit 10 Plätzen, einen Wanderer (den man auf den Parkplatz stellt), 5 Startkarten und fünf Steine in unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlichen Multiplikatoren drauf. Alle Karten kommen auf die Hand und nun spielen wir reihum jeweils eine Karte aus, bis das Spiel endet. Jede unserer Startkarten hat dabei eine eigene Aktionsmöglichkeit. Mit einer Karte laufen wir einen Schritt auf dem Plan, mit einer anderen laufen wir zwei Schritte, mit der nächsten dürfen wir ein weiteres Gelände entdecken (anlegen – wobei die Gelände zunächst Wälder sind, dann Gebirge und später Hochgebirge) und mit Nummer vier dürfen wir entweder eine neue Aktionskarte vom Markt kaufen oder eine bestehende vernichten und dafür zwei Endorphinplättchen nehmen (die man wiederrum zum Kaufen von Karten braucht). Mit der letzten Karte dürfen wir entweder eine Panoramakarte kaufen oder zwei Endorphine nehmen und in beiden Fällen zusätzlich alle bislang gespielten Karten wieder auf die Hand nehmen. Die kaufbaren Aktionskarten bringen unter anderem längere Wegstrecken, die man laufen kann, oder kostenlose Ressourcen. Aber auch Fahrräder und Gleitschirme sind dabei, um sich schnell ganz wo anders hin zu bewegen. Bewegt man sich und landet auf einem Feld bekommt man entweder Ressourcen, darf einfache Ressourcen gegen bessere eintauschen (die man für Panorama-/Lagerfeuerkarten oder zur Gipfelentdeckung braucht), kann Lagerfeuerkarten erwerben (die einem entweder Boni für den Rest des Spiels oder aber besondere Endwertungen bringen) oder Gipfel entdecken. Entdeckt man einen Gipfel (indem man entsprechende Ressourcen ausgibt) erhält man Entdeckerplättchen, die am Ende Siegpunkte Wert sind. Erklimmt man dann einen Gipfel und legt dort einen seiner fünf Steine hin, erhält man am Spielende Siegpunkte. Jeder Gipfel hat eine eigene Punktwertung und diese wird mit der Zahl auf dem eigenen Stein multipliziert. Spielende die hier später ankommen, dürfen zwar noch an der Wertung dieses Gipfels teilnehmen, aber nur, wenn sie einen kleineren Stein legen können, als dort bereits oben aufliegt.


Das Spiel endet, sobald zwei der drei Siegbedingungen (alle Hochgebirgs-Gipfel wurden entdeckt, jemand hat 5 Gipfel erklommen, jemand hat das eigene Panorama fertiggestellt) erfüllt sind. Es gewinnt, wer nach der Endabrechnung die meisten Punkte hat. Dazu wird zusammengezählt: Die Punkte der Wanderabzeichen, der eigenen Panoramakarten, der eigenen Lagerfeuerkarten mit Schlusswertung sowie der erklommenen Gipfel.


Und ich sag es, wie ich es denke: Five Peaks klang für mich nach einem schönen Einstiegsspiel in etwas gehobenere Spiele, die man aber trotzdem noch mit der ganzen Familie spielen kann. Und bis auf die Ressourcen-Tauscherei ist alles auch wirklich schön über das Thema erklärbar. Und es sieht auch wirklich schön aus. Und alle Regeln machen Sinn und – fast noch wichtiger – das Spiel ist wirklich gut gebalanced. Wir hatten Partien, in denen jede/r eine komplett andere Strategie gefahren ist (z.B. schnell die Hochgebirgsgipfel besteigen und Multiplikatoren drauflegen vs. schnell Panoramakarten kaufen) und es 156 zu 159 ausging. Das ist an sich wirklich rund und macht auch Spaß. 
Aber vielleicht klingt es schon an: Es gibt ein Aber. Und dieses Aber ist leider auch recht gewichtig, zumindest für mich. Denn das Spiel ist einfach, für das was es sein will, viel zu lang(atmig), und das mit allen Spielendenzahlen und das, obwohl es praktisch keine Downtime gibt. Denn letztlich ist die „Wanderkarte“ recht schnell komplett entdeckt und man rennt viel hin und her, um Ressourcen zu tauschen, um die Berggipfel aufzudecken und letztlich um diese zu erklimmen. Und ja, das Spiel macht Spaß und ist hübsch anzusehen, aber es zieht sich für meinen Geschmack leider ein wenig zu lange hin und bietet dafür ab einem gewissen Punkt nichts Neues mehr. Unterm Strich aber ein (überraschend) schönes Familienspiel, auch wenn ich es nicht uneingeschränkt empfehlen kann.

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Five Peaks von Adam Strzelecki
Erschienen bei Trefl
Für 2 bis 5 Spielende in ca. 50 - 125 Minuten ab 9 Jahren


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Trefl)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.  
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