Normale Ansicht

Received before yesterday

Slide

Von:Julia
11. Mai 2025 um 22:30

 

 


Slide ist ein Cocktail aus 45% Sky-Jo, 45% Das Verrückte Labyrinth und 10% smartem Gamedesign – und damit einer der spannendsten Absacker des Jahres. Warum das Spiel nicht nur für Wenig-Spieler*innen auf die Wunschliste kommen sollte? Schauen wir mal rein.
 

Slide ist ein Kartenspiel für 2-6 Spieler*innen von Claude Clement mit 15 Minuten Spieldauer.

[Spielmaterial: Das Maximum herausgeholt]


Wer Slide in die Hand nimmt, sollte direkt feststellen: Das ist echt gute Qualität. Der Karton ist nicht nur dick beschichtet, so dass der Schriftzug und die Karten auf dem Cover eine erhabene Haptik erhalten, er ist auch noch super smart aufgebaut: Ihr zieht das Innenleben über eine kleine Lasche aus dem Karton. So wird schon geslidet, bevor das Spiel auf den Tisch kommt. Top!

In der Box selbst erwarten euch 40 quadratische Zahlenkarten, je zehn Mal die Zahlen 1-10. Dazu gibt es noch einen Startspielermarker – und das war’s. Weniger ist mehr ist hier auf jeden Fall die Quintessenz.


[Spielablauf: Punkte-Puzzlen für alle!]


Das Tolle an Slide: Ihr könnt das Spiel in knapp einer Minute erklären. Wie es im 1x1 der guten Absacker eben steht. Und zwar geht das so:

  1. Alle Spieler*innen erhalten 16 Karten, die sie in einem 4x4-Raster verdeckt vor sich auslegen.
  2. Alle Spieler*innen wählen eine ihrer verdeckten Karten und decken sie alle gleichzeitig auf.
  3. Beginnend bei der Startspieler*in dürfen sich jetzt alle je eine der aufgedeckten Karten aussuchen und sie in ihr Raster schieben!
  4. Dabei dürft ihr nur so schieben, dass die Lücke irgendwie geschlossen wird, die ihr gerade gebildet habt.
  5. Das macht ihr so lange, bis alle 16 Karten aufgedeckt sind.

Und dann geht es an die Punktewertung. Genau wie bei Sky-Jo geht es darum, im eigenen Raster die wenigsten Minuspunkte zu haben. Das Spannende: Karten, die an andere Karten der gleichen Zahl angrenzen, zählen keine Minuspunkte.

Ihr spielt das Spiel dann über mehrere Runden, bis eine Person eine bestimmte Anzahl an Minuspunkten erreicht hat.

[Fazit: Zeug zum Dauerbrenner]

Slide sieht eigentlich recht unscheinbar aus. Aber tun das nicht die besten Absacker meistens? Den Spielspaß hinter dem schönen Mechanismus-Mix funktioniert genau so, wie man es sich für ein kleines Kartenspiel erhofft.

  • Das Schieben der Karten in das eigene Raster lässt in den ersten Runden gar ein wenig das Gehirn rauchen, ist aber eine schöne Erfrischung in dieser Riege von Kartenspielen.
  • Durch das superleichte Regelwerk bekommt ihr selbst die unterschiedlichsten Gruppen ganz einfach und schnell gemeinsam an den Tisch.
  • Slide schafft den Sweet Spot zwischen Innovation und Tradition, um einem schnell das Gefühl zu geben, man hätte es schon im Sommerurlaub 2002 gespielt (im positiven Sinne).


Wer also auch nur einen Funken Interesse an Spielen wie Sky-Jo, Cabo & co hat und den Schiebemechanismus von Das verrückte Labyrinth immer geliebt hat, darf Slide ohne zu zögern in sämtliche Warenkörbe legen. Der nächste "Ich wünsche mir nichts!"-Geburtstag kommt bestimmt bald.

 ____________________________________________



Slide von Claude Clement
Erschienen bei Strohmann
Für 2-6 Spieler in 15 Minuten ab 7 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Strohmann)

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.



Fliptown

Von:Julia
20. Februar 2025 um 23:30

 


Fliptown mag mechanisch ein Flip’n’Write sein, doch die riesigen Spielpläne laden zu einer Entdeckungsreise ein, die die Grenzen des Genres sprengt. Doch bedeutet mehr wirklich immer besser?

Fliptown ist ein Flip’n‘Write von Seven Aramini für 1-4 Spieler*innen ab 12 Jahren und dauert 30-45 Minuten.

[Spielmaterial: Thematisch, aber nicht ohne Hürden]



Als modernes Flip’n’Write ist es natürlich – und glücklicherweise – Standard, dass für alle Spielenden je ein abwischbares Tableau in der Box von Fliptown zu finden ist. Dieses lässt sich zwei Mal aufklappen und entfaltet erst dann seine ganze Imposanz. In der wohligen Mitte zwischen einem Ganz schön Clever und einem Twilight Inscription gibt es hier also je nach Spieler*innen-Niveau ein gewisses Maß an Reizüberflutung.

Zwar hält sich das Design des Spiels sehr nah am Thema – was die Vielzahl an Aktionsmöglichkeiten und entsprechenden Icons angeht, ist hier aber das Gegenteil von Wüste angesagt. Das gesamte Brett ist in der gleichen Farbgebung gehalten wie das Cover des Spiels, was gelinde gesagt scharf an einer Barrierefreiheits-Katastrophe vorbeischlittert. So kann das Spielbrett im ersten Moment definitiv überfordern – die Frage bleibt, ob man hier die Zugängigkeit für das Design hätte opfern müssen.


Aber: So fällt das Spiel natürlich auch auf und weht ein paar Steppenläufer über den heimischen Tisch. Zusätzlich gibt es die fürs Flip-Element benötigten Karten. Die sind in dieser Box in Form von einem klassischen Pokerset enthalten. Außerdem gibt es Automa-Karten und ein paar kleinere Ergänzungen fürs fortgeschrittene Spiel.
Also, auf in den Saloon!

[Spielablauf: Smarter Western-Showdown]

 

Spoiler vorab: Die Kritik am Design bleibt einsam. Darüber hinaus würde kein Sheriff der Stadt Fliptown auch nur ein Haar krümmen. Angefangen beim Grundmechanismus begeistert das Spiel mit frischem Wind fürs Genre.

Jede Runde werden drei Karten aufgedeckt, die alle Mitspielenden je drei unterschiedlichen Slots zuordnen dürfen:

  1. Farbkarte: Entscheidet, in welchem Bereich eures Tableaus ihr etwas macht.
  2. Wertkarte: Entscheidet, welche der Aktionen in dem Bereich ihr machen dürft.
  3. Handkarte: Wird zum Pokerblatt hinzugefügt, das euch am Ende einer Runde nochmal Punkte gibt.

Auf dieser Basis geht ihr nun auf Entdeckungstour. Und zu entdecken gibt es einiges!

Die vier Farben – also Kreuz, Pik, Kreuz und Karo – erlauben euch Zugang zu vier verschiedenen Bereichen, die allesamt völlig anders funktionieren:

  • Die Wildnis – Hier geht ihr einen Pfad entlang, der euch verschiedene Boni gibt. In bester Qwixx-Manier gibt es aber kein Zurück: Überspringt ihr einen Ort, könnt ihr ihn nicht mehr besuchen.  
  • Ödland – Hier könnt ihr Vieh stehlen, Postkutschen überfallen oder einen Eisenbahnraub probieren. Um die Belohnung zu ergattern, müsst ihr eine Karte vom Stapel aufdecken – ist diese Raubkarte höher als der Wert eures Ziels, war der Versuch erfolgreich. Sonst geht ihr leer aus.
  • Die Mine – Hier grabt ihr euch immer tiefer, indem ihr verschiedene Stollen herabklettert. Aus einer Ebene könnt ihr in die nächst tiefer gelegene absteigen, um dort an die besten Funde zu kommen.
  • Die Stadt – Hier findet ihr 13 verschiedene Orte, die euch alle völlig unterschiedliche Boni verleihen. Manche bieten euch einen Wett-Mechanismus, andere geben euch Upgrades für die anderen Gebiete, wieder andere ermöglichen euch, eure Sünden reinzuwaschen und die fiesen Wanted-Poster zu streichen.

Außerdem findet ihr auf eurem Tableau den Friedhof, den ihr immer dann besuchen könnt, wenn ihr ansonsten keine Aktion ausführen könnt oder möchtet. Dort warten auch Boni auf euch – aber eben auch die Wanted-Poster, die in der Sheriff-Phase spannend werden.


Ihr spielt Fliptown über drei Runden, wobei jede Runde aus sechs Phasen besteht. Das sind die Phasen:

  1. Zugstapel mischen
  2. Sheriffkarte festlegen (oberste vom Stapel verdeckt zur Seite legen)
  3. 5 Züge ausführen (5x3 Karten abhandeln)
  4. Pokerblatt abhandeln
  5. Schürfen und Schuften (Bonuspunkte einsammeln)
  6. Sheriff führt Verhandlungen durch (Sheriff-Kare aufdecken und mit Wanted-Postern der Spielenden abgleichen -> Bestrafungen für zu viele Wanted-Poster mit Push-Your-Luck-Element)

Viele der Phasen begeistern noch mit besonderen Kniffen, die hier den Rahmen sprengen würden. Zum Pokerblatt sei aber zu sagen, dass der Mechanismus hier richtig smart integriert wurde. So wählt ihr in jedem der fünf Züge eine Karte für die Pokerhand aus. Am Ende der fünf Züge hat so jede Person eine Pokerhand, die je nach Stärke neue Boni entlockt. 

Am Ende des Spiels gewinnt die Person, die die meisten Siegpunkte sammeln konnte. Und die warten in allen Gebieten auf ganz unterschiedliche Weise auf euch.

[Fazit: Ein absolutes Flip’n’Write-Highlight]

Fliptown schafft den Spagat zwischen Entdecken, fluffigem Mechanismus und hohem Wiederspielwert mit links. Das Spiel ist so smart durchdacht und so reichhaltig, wie es die wenigsten Flip’n’Writes sind. Selbst für die, die mit dem Genre eher herzloses Zahlen-Abklappern verbinden, ist dieses Spiel daher einen Blick wert. 

Ihr könnt Wetten abschließen, ihr könnt Pokern, ihr könnt epische Momente erleben und richtig schöne Kettenzüge aktivieren. Trotz kompakter Box wartet hier ein tolles Kennerspiel mit etwas höherer Einstiegshürde auf euch, das dann schnell zum Dauerbrenner wird.

Eins sei dazu aber noch gesagt: Fliptown funktioniert als reines Solo-Spiel (mindestens) genau so gut wie in Vollbesetzung. Interaktion zwischen den Spielenden ist hier eher Mangelware, die Rangelei im Saloon macht jede*r für sich aus. Wenn euch das nicht stört und ihr jedes Spiele-Highlight im Regal haben möchtet: Das hier ist eines davon.

 ____________________________________________



Fliptown von Steven Aramini
Erschienen bei Strohmann
Für 2-4 Spieler in 30-45 Minuten ab 12 Jahren
Boardgamegeek-Link

Kaufen bei der Meeplebox*

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Strohmann)

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.

Frantic

Von:Julia
19. November 2024 um 23:30

 

„Endlich mal wieder eine Runde UNO!“ – Worte, die aus dem Mund von Vielspieler*innen kaum vorstellbar sind. Frantic hat sich auf die Fahne geschrieben, das bessere UNO zu sein. Stimmt das? Und wer sollte aufhorchen: Nur die Gelegenheitsspieler*innen oder auch die mit BGG-Account?

Frantic ist ein Kartenspiel für 2-8 Spieler*innen von Pierre Lippuner und dauert circa 5-45 Minunten.

[Spielmaterial: Bunte Punktekarten – und Spezialaktionen]


Habt ihr einmal die kryptische Schrift des Spielkartons entziffert (ja, da steht wirklich Frantic!), könnt ihr die kleine Schachtel öffnen und ein Kartenset auspacken, das dem von UNO verdächtig ähnlich sieht.
Auch hier findet ihr die vier Standard-Farben mit Zahlen von 1-9, auch hier gibt es in jeder Farbe nochmal Aktionskarten. Hinzu kommen jedoch neun schwarze Zahlenkarten. Außerdem gibt es einen separaten Kartenstapel mit individuellen Event-Karten.

Neben dem ohnehin schwer lesbaren Titel auf dem Karton hat das Team im Vergleich zu UNO und Konsorten einige fragwürdige Design-Entscheidungen getroffen: Die Zahlen auf den Karten sind in römischen Zahlen geschrieben, was deutlich schlechter lesbar ist und schneller zu Verwechslungen führt, als man „UNO!“ rufen kann. Außerdem ist es denkbar merkwürdig, dass alle Zahlen, Ereignis- und Aktionskarten englisch betitelt wurden, obwohl es genauso gut auf Deutsch funktioniert hätte.  Die Übersetzungen stehen dafür sogar in der Anleitung. Diese Entscheidung erschließt sich mir nicht.

[Spielablauf: Altbekanntes mit kleinem Twist]

Bei Frantic habt ihr sieben Karten auf der Hand, die ihr möglichst fix loswerden möchtet. Dafür legt ihr die Karten auf einen gemeinsamen Stapel ab, wobei immer entweder Farbe oder Zahl übereinstimmen muss. Dazu kommen Sonderkarten, die hier Aktionen auslösen wie Karten tauschen, „Equality“, also dass eine Person so lange Karten ziehen muss, bis sie so viele hat wie die Person am Zug, oder auch Aussetzen. Hat jemand keine Karten mehr, erhalten die weiteren Spieler*innen Minuspunkte in Höhe der Zahlenkarten auf der Hand, Sonderkarten zählen mehr. Kennt man.

Der kleine, große Clou von Frantic sind die Ereignis-Karten. Die kommen immer dann ins Spiel, wenn eine schwarze Zahlen-Karte gespielt wird. Dann wird die oberste Karte des Event-Stapels aufgedeckt und ausgeführt. So wütet zum Beispiel ein Tornado -  alle Handkarten werden zusammengemischt und gleichwertig verteilt – oder Robin Hood tauscht die Karten von der Person mit den meisten mit der Person mit den wenigsten Karten. Beim Doomsday ist die Runde sofort beendet und alle Personen erhalten 50 Punkte. Und so weiter.

Dazu kommen Kleinigkeiten wie die „Fuck You“-Karte, die 42 Punkte wert ist und nur dann abgelegt werden kann, wenn man zehn Handkarten hat.

[Fazit: Frantic hält sein Versprechen als UNO-Alternative]

Frantic ist am Ende nicht mehr und nicht weniger als das: Das bessere UNO. Durch die vielen Ereigniskarten wird das Spiel deutlich kurzweiliger und abwechslungsreicher als beim bloßen Ablegen von Karten mit den bekannten +4-Ketten. Der „Nimm das!“-Effekt wird also beibehalten – durch die Ereignis-Karten kann sich aber auch binnen Sekunden das ganze Spiel ändern.

Gerade für Leute, die frisch ins Hobby einsteigen, ist Frantic damit eine wirklich schöne Ergänzung fürs Spielregal. Und auch Vielspieler*innen werden mit Frantic zumindest für ein paar Runden ihre Freude haben. Kein Wunder also, dass mittlerweile drei Erweiterungen für das Spiel erschienen sind – die Zielgruppe ist denkbar groß. Vor allem, wenn sie den Spieletitel entziffert hat.

 ____________________________________________



Frantic von Pierre Lipuner
Erschienen bei Game Factory
Für 2-8 Spieler in 5-45 ab 8 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Game Factory)

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.


Kniffel 7

Von:Julia
06. Oktober 2024 um 22:30



Manche Spiele sind so offensichtlich, man glaubt, die hätte es schon längst gegeben. „Kniffel 7“ ist eins davon und wirkt entsprechend, als hätte es eher eine KI denn ein Reiner Knizia erdacht. Nun, immerhin eins ist klar: Das Spiel hält exakt das ein, was es verspricht. 

Kniffel 7 ist ein Roll & Write-Spiel von Reiner Knizia für 2+ Spieler*innen ab 8 Jahren und dauert circa 20 Minuten. 

[Spielmaterial: Keine Überraschungen] 




Ein wenig bizarr ist es schon, dass Kniffel 7 in dieser Aufmachung bei den Neuheiten steht. Denn tatsächlich ist das Spiel von Verpackung über Design bis zu Logo zu 100% späte 90er. Eben eine Erinnerung an die Zeit, als Schmidt Spiele noch einer DER Spieleverlage war. In der Box sind die sieben Würfel, ein Bleistift und der passende Block enthalten.


Das Design erfüllt natürlich seine Funktion m Spielablauf, ist aber wirklich an der absoluten Mindestgrenze für Gestaltung. Schade, da hätte optisch doch noch etwas rausgeholt werden müssen. So wird das Ziel aber auch klar: Kniffel 7 spricht die Zielgruppe an, die eben auch in Zeiten des überquellenden Marktes noch dem Klassiker treu bleibt. Experimente gibt es da keine. 


[Spielablauf: Der Name ist Programm]





Kniffel 7 ist Kniffel mit 7 Würfeln. Das war’s. Das ist die Erklärung und der gesamte Clou des Spiels. Eine kleine Besonderheit ist dabei noch, dass sechs der sieben Würfel je eine der üblichen 1-6er Seiten gegen eine 7 getauscht haben. Von allen Zahlen von 1-7 sind entsprechend gleich viele im Würfelpool enthalten. 

Beim bis zu dreimaligen Würfelwurf versuchen die Spieler*innen dann die gängigen Ziele zu schaffen: Im oberen Bereich Zahlen sammeln (+ 7!), um den Bonus abzustauben (es gibt noch einen zusätzlichen Bonus, der die 7er Quote mit einberechnet.); Im unteren verschiedene Figuren zu erwürfeln – 4er und 5er Pasch (statt 3er und 4er), 2 Drillinge (statt Full House), 2 Straßen (mit 5 bzw 6 Würfeln) und den Kniffel mit allen sieben gleichen Zahlen. Wer die meisten Punkte hat, gewinnt. 


[Fazit: Der kleine Kniff für Wenig-Spieler*innen] 


Das Tag Team aus Knizia und Schmidt hat es sich hier offensichtlich maximal einfach gemacht – denn es sind hier wirklich kaum Design-Entscheidungen getroffen worden. Auf der kleinen Idee, den Klassiker etwas aufzuwerten, baut der gesamte Mechanismus und das gesamte Spiel. 

Aber: Das funktioniert auch. Genau wie Kniffel wird auch Kniffel 7 bei den Kennerspieler*innen verhaltene Jubel auslösen, doch bei der anvisierten Spielgruppe könnte das Spiel dank der maximal einfachen Regeln und dem sehr nah beim ursprünglichen Design bleibenden Aussehen punkten. Meine Oma war als passionierte Kniffel-Spieler*innen seit über drei Jahrzehnten inklusive großen Runden mit 10 Kniffel-Spalten parallel jedenfalls begeistert von Kniffel 7. Und genau für solche Spieler*innen ist das hier das perfekte Geschenk zum nächsten Geburtstag.

 ____________________________________________



Kniffel 7 von Reiner Knizia
Erschienen bei Schmidt
Für 2-4 Spieler in 20 Minuten ab 8 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Schmidt)

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.

Stich für Stich

Von:Julia
30. September 2024 um 22:30



Manche Wortwitze haben nur darauf gewartet, endlich in Spielform umgesetzt zu werden. Hier ist es also: Das Spiel, das den Stich durchs Herz mit dem Stich im Kartenstapel zusammenbringt. Dahinter steckt ein ungewöhnliches Konzept, das junge Krimi-Fans begeistern könnte.

Stich für Stich ist ein Stich-Spiel von Markus W. Leon für 3-4 Spieler*innen ab 10 Jahren und dauert circa 20 Minuten.

[Spielmaterial: Design im Y2K-Style]

Bei einer Zeitreise in die 00er Jahre würde „Stich für Stich“ nur deswegen im Regal auffallen, weil eine der vier Verdächtigen eine Influencerin ist. Davon abgesehen wirkt das Spiel maximal Retro – in unseren Spielerunden fiel sogar häufig der Vergleich zu „Wer ist es?“.

Entsprechend ist es definitiv Geschmackssache, ob man „Stich für Stich“ optisch nun als schick oder Stil-Fehlgriff bezeichnet. Immerhin: das Spiel selbst ist definitiv (auch) für Kinder und kann mit dem bunten Design ja vielleicht die Herzen dieser Generation überzeugen.

In der Box sind Karten enthalten, die jeweils einen der Täter*innen in Kombination mit einer der Tatwaffe und einer Zahl zeigen. Außerdem gibt es Täter- und Tatwaffenplättchen für vier Spieler*innen und Plastik-Aufsteller, auf die die Plättchen gelegt werden können. Schlicht, aber in völlig okayem Qualitätszustand.

[Spielablauf: Stichspiel mit doppeltem (Fall-)Boden]



„Stich für Stich“ ist als Stichspiel eigentlich maximal unaufregend. Denn weder muss bedient werden, noch gibt es irgendwelche Sonderfähigkeiten, die das Spiel unvorhersehbar machen. Doch wer den Stich gewinnt, weiß meist nur eine einzige Person am Tisch. Wieso das?

Eine Partie „Stich für Stich“ verläuft über drei bzw vier Runden, je nach Spieler*innenzahl. Dabei übernimmt jede Person einmal die Rolle der Mitwisserin, die anderen sind entsprechend in der Ermittlung noch völlig ratlos. Als Mitwisser*in zieht ihr dafür zufällig eins der Tatwaffen- und eins der Täter*innen-Plättchen – diese sind beide für diese Runde der Trumpf!

Dabei gilt diese Stichreihenfolge:
Volltrumpf (also exakt die Kombination aus Täter*in und Tatwaffen-Trumpf auf einer Karte) schlägt alles
Tatwaffen-Trumpf (liegt kein Volltrumpf aus, schlägt die Karte mit Tatwaffe alle anderen)
Täter*innen-Trumpf (liegen beide obigen nicht aus, schlägt die Karte mit Täter*in)
Höchste Zahl (liegt keine der obigen aus, gewinnt die höchste Zahl)
Bei mehreren gleichwertigen Trümpfen zählt zunächst die höhere Zahl und wenn hier immer noch Gleichstand herrscht, gewinnt die früher gespielte Karte.


Dementsprechend läuft eine Runde so ab:
Alle Spieler*innen spielen nacheinander eine beliebige Karte aus der Hand
Mitwisser*in verkündet, wer den Stich gewonnen hat
Die Person nimmt den Stich als Siegpunkt vor sich und legt dabei die gewinnende Karte offen darauf


Und jetzt bringt überhaupt erst der Clou des Spiels euren inneren Sherlock Holmes hervor: Denn nach jedem Stich können die Spieler*innen bei der oder dem Mitwissenden verdeckt erraten, wer wohl die Tatwaffe und Täter*in in dieser Runde sind – alleine auf Basis der Informationen aus den bisher gespielten Stichen. Dafür schieben sie verdeckt eine Kombination aus Tatwaffe und Täter*in-Plättchen an die mitwissende Person.

Diese wiederum sagt NUR wenn die Kombination aus beiden Plättchen stimmt, dass der Verdacht korrekt ist. Ansonsten gibt es ein „Du bist auf falscher Fährte“ und es wird weitergeraten. Punkte bekommt der Mitwisser umso mehr, je länger die anderen für die Lösung brauchen, die Ratenden wiederum erhalten mehr Punkte, je früher sie den Fall gelöst haben.

Gespielt werden aber so oder so jede Runde 7 Stiche, egal wann und wie die Personen die Kombination erraten haben, und jeder gewonnene Stich zählt ebenfalls einen Punkt. Am Ende gewinnt die Person mit den meisten Siegpunkten.

[Fazit: Genug Nervenkitzel für Kids und Wenig-Spieler*innen]



Sicher, „Stich für Stich“ hat in der Stichspiel-Welt weder den Status eines Tatorts für den Krimi noch den Kult-Faktor einer Miss Marple. Aber immerhin schafft das Spiel etwas, das heutzutage auch alles andere als einfach ist: den Neuheits-Faktor!

Denn diese doch absolut ungewöhnliche Verbindung aus Deduktion und Stichspiel im familienfreundlichen Setting ist ziemlich charmant und klug umgesetzt. Für erfahrene Stichspieler*innen wird vermutlich zu wenig „Stichspiel“ im Karton stecken und Vielspieler*innen haben den Clou zum Trumpf-Enttarnen recht fix erkannt.

Doch gerade für alle, die eher selten neue Spiele ausprobieren, oder ihre Kids mit Deduktion vertraut machen möchten, hat „Stich für Stich“ viele Stunden Spielspaß bereit.

 ____________________________________________



Stich für Stich von Markus W. Leon
Erschienen bei Zoch
Für 3-4 Spieler in 30 Minuten ab 10 Jahren
Boardgamegeek-Link

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Zoch)

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.

Kneipenquiz - Family & Friends Spezial

Von:Julia
24. September 2024 um 22:30

 


Wer ist eigentlich älter – Alexander Zverev oder Emma Watson? Welcher der genannten Wissenschaftler*innen gewann zuerst einen Nobelpreis? Haben deutsche Haushalte mehr TVs oder Kühlschränke? Und was ist eigentlich die liebste Serienfigur deiner Mitspieler*innen? Diesen Fragen dürft ihr euch bei Kneipenquiz – Family & Friends stellen. Macht das auch ohne klebrige Tische und Hauptpreis Spaß?

Kneipenquiz – Family & Friends ist ein Quizspiel von Darren Grundorf, Tom Zimmermann, Marco Teubner und Heinrich Glumpler für offiziell 3-6 Spieler*innen (dürfen aber auch mehr mitmachen) ab 12 Jahren und dauert circa 30 Minuten.


[Spielmaterial: Schicker als die Dorfkneipe]


Die Kneipenquiz-Reihe vom Moses-Verlag ist schon seit vielen Jahren die erfolgreiche Umsetzung der Veranstaltungsreihen im Spiele-Format. Dabei kann die Box auch entsprechend in Punkto Produktionsqualität absahnen.


Mit einem hochwertigen Karton mit magnetischem Verschluss, der beim Aufklappen Spielbrett und Materialien offenbart, hat das Spiel schon vielen Quiz-Konkurrenten etwas voraus. In der Box sind dann noch die Quizkarten enthalten, sowie diverse Pappfiguren, die für die Punktewertung benötigt werden. Die Pappfiguren sind thematisch passend Kronkorken, Popcorn und Getränke. 


Mit 150 Quiz-Karten à 5 Fragen ist in der Box auch ordentlich Material für einige schöne Abende. Die Fragen selbst sind so abwechslungsreich wie die Lieferando-Auswahl in der nächsten Großstadt und somit auch für die unterschiedlichsten Spielegruppen geeignet. 


Dazu kommen Sanduhr, Notizblock und Werte-Plättchen. Mehr braucht es für so ein Quizspiel auch nicht.


[Spielablauf: Zusammen gegen die Bierdeckel]


Schonmal bei einem klassischen Kneipenquiz gewesen? Dann wisst ihr ja, dass ihr hier vor allem eins müsst: Fragen beantworten. Und das im besten Fall besser als die anderen Teams. Das ist bei dieser Kneipenquiz-Version auch so. Zumindest größtenteils.


Im Herzen geht es darum, über 5 Runden à 5 Minuten je 5 Fragen zu beantworten. Und zwar nicht gegeneinander in Teams, sondern gemeinsam. Richtig gehört, die Gegner*innen sitzen nicht bei euch am Tisch, sondern werden mit einem „Automa“-Mechanismus gesteuert.

Was die Fragen betrifft, ist der Mechanismus denkbar einfach: Eine Person zieht eine Karte und liest die fünf Fragen nach und nach vor, während die Sanduhr bereits läuft. Ihr beratet euch derweil im Team über mögliche Antworten. Nach 5 Minuten müsst ihr eure Antworten allesamt auf einem Notizblock festgehalten haben. Dann wird aufgelöst und ihr bekommt gemeinsam Punkte.

Dazu gibt es zwei Clous.


Clou 1: Family & Friends

Von Kneipenquiz gibt es mittlerweile etliche Versionen. Family & Friends Spezial bringt dabei eine besondere Frage-Kategorie mit: Jede fünfte Frage ist eine persönliche Frage über die Person, die in dieser Runde die Fragen vorliest.
Was ist die Lieblingspizza? Was die liebste Figur aus Kinderserien? Und wie trinkt die Person ihren Kaffee?

Das bringt einen schönen Kniff in die Partien, der in unseren Spielerunden sogar zum echten Highlight wurde. Die Mischung aus persönlichen und „echten“ Fragen funktioniert auf jeden Fall bestens und sorgt auch für einen hohen Wiederspielreiz. Schön!


Clou 2: Die anderen Spieler*innen

Bei Kneipenquiz möchtet ihr nach fünf Runden am meisten Punkte haben. Und dafür duelliert ihr euch mit vier Gegner*innen in unterschiedlicher Schwierigkeitsstufe. Diese bekommen je nachdem, welche Werteplättchen auf welcher Frage liegen und wie gut ihr diese beantwortet, auch Punkte und rücken diese auf der Punkteleiste vor.

Pro Runde deckt ihr dafür 5 Werteplättchen auf, die ihr im Laufe der fünf Minuten auf die fünf Fragen aufteilen müsst. Fragen, bei denen ihr euch sicher seid, bekommen Werteplättchen mit vielen Punkten für euch und wenigen für die Gegner und so weiter. Die Werteplättchen zeigen dabei entweder die Eule (Bonuspunkte für euch) oder eine Farbe der Gegner*innen und eine grüne Zahl für die Felder, die die Figur weitergeht, wenn ihr richtig beantwortet bzw eine rote für eine falsche Antwort von euch.

Im Laufe der Partie schiebt ihr diese Plättchen also hin und her und möchtet am Ende eben mit eurer eigenen Eule vorne landen. Bei höheren Schwierigkeitsstufen bleiben die Frage dieselben, die Gegner*innen bekommen dann aber mehr Punkte.


[Fazit: 100% Spielspaß, etwas viel Management]

Mit der Kneipenquiz-Reihe hat moses zurecht einen echten Kassenschlager in die Spielregale der Nation gebracht. Auch die Family & Friends Spezial-Version muss sich da nicht hinten anstellen und kann (fast) uneingeschränkt begeistern.

Was besonders schön ist:

  • Gemeinsam statt gegeneinander! Das kooperative Element ist im Quiz-Sektor immer noch eher ungewöhnlich und sorgt hier dafür, dass alle mal etwas beisteuern können und eine angenehme Stimmung am Tisch entsteht.
  • Die Vielfalt der Fragen! Das Team hinter Kneipenquiz hat sich offensichtlich viel Zeit für die Fragen genommen und dabei von jüngster Popkultur (das Spiel ist von 2021) bis zu klassischem Allgemeinwissen alles abgedeckt. Schön so!
  • Optisch ein Hit! Anders als viele andere Spiele des Genres macht Kneipenquiz auch auf dem Tisch einiges her. Es macht einfach Spaß, die schicke Box rauszuholen und auszupacken

    Kleine Kritikpunkte gibt es aber auch:
  • (Zu) Viel Management! Für ein Spiel, das gerade auch Wenig- und Nichtspieler*innen abholen soll, funktioniert Kneipenquiz in der Wertung viel zu wenig intuitiv. So kam es in unseren Runden meist dazu, dass die Viel-Spieler*innen sich alleine um die Werteplättchen kümmern mussten, weil die anderen mit den Fragen bereits genug ausgelastet waren. Das Quizzen macht schließlich selbst deutlich mehr Spaß als die Punktejagd gegen die anderen im doch recht umständlichen System.
  • Alphatier-Gefahr! Wer in so großer Runde quizzt und dann noch unter Zeitdruck, hat schnell ein Ungleichgewicht im Team. Einige kommen so kaum zu Wort oder werden schnell überhört. Hier hängt der Spielspaß also von der Gruppe ab.
  • Klapp-Brett nicht ganz durchdacht! Das Spielbrett von Kneipenquiz ist die Spieleverpackung selbst. Dabei ist der unterste Rand des Spielbretts jedoch immer geknickt, was die Figuren ohne Ballast regelmäßig umgestoßen hat. Hier hätte es bestimmt eine bessere Lösung gegeben.

Am Ende ist Kneipenquiz Family & Friends Spezial ein No-Brainer für Quiz-Fans und macht auf jeden Fall sehr viel Spaß. Für alle, die lieber einfach ein paar Fragen ohne großes Drumherum beantworten möchten, gibt es dann aber doch auch andere Alternativen. Oder ihr spielt einfach ohne die Punktewertung just for fun – vielleicht ja sogar in eurer Lieblingskneipe?

 ____________________________________________



Kneipenquiz - Family & Friends Spezial von Darren Grundorf, Tom Zimmermann, Marco Teubner und Heinrich Glumpler
Erschienen bei moses
Für 3-6 Spieler in 30 Minuten ab 12 Jahren
Boardgamegeek-Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier moses)

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.

Wonderland's War

Von:Julia
01. September 2024 um 22:30

 

‚We’re all mad in here‘ ist nicht nur eins der bekanntesten Zitate aus Lewis C. Carolls‘ "Alice im Wunderland", sondern auch das Motto hinter dem auf der Romanvorlage basierenden Spiel Wonderland's War. Alleine die Prämisse hinter dem Spiel ist eigentlich zu abgedreht, um zu funktionieren: Bag Building à la Quacksalber trifft auf Area Control auf gehobenem Kennerspiel-Niveau? Klappt das oder bleibt der Hype bei der schönen Optik hängen?


Wonderlands War ist ein Area Control-Spiel von Tim Eisner, Ben Eisner und Ian Moss für 2-5 Spieler*innen ab 13 Jahren und dauert circa 45-125 Minuten.

[Spielmaterial: Schöner geht’s nicht]

Wenn Wonderland's War auf dem Tisch liegt, bleiben alle stehen. Und das egal ob normale Retail- oder Kickstarter-Deluxe-Version. Das opulente und kunterbunte Brett alleine macht schon viel her (und benötigt übrigens ziemlich viel Tisch-Platz), dazu kommen noch die verschiedenen Spielfiguren, die im Basisspiel Papp-Aufsteller sind, und andere Elemente wie Plastik-Schlösser, Holz-Meeple. Und jede. Menge. Chips.

In Punkto Tischpräsenz hat das Spiel also die volle Punktzahl verdient – auch, weil das Design den perfekten Spot zwischen Nutzerfreundlichkeit und optischer Brillanz trifft. Ein wenig dauert es gerade bei der ersten Partie entsprechend auch, das Spiel überhaupt erstmal aufzubauen. An der Stelle auch ein dicker Daumen runter, dass ein Spiel dieser Komponentendichte über exakt kein Inlay verfügt. Für einen Kaufpreis von knapp 100 Euro ist das einfach frech.


[Spielablauf: Irrer Mechanik-Mix]

Zitat eines Mitspielenden: „Ich habe so viel von dem Spiel gehört und auch richtig Lust darauf, aber wirklich keine Ahnung, wie es funktioniert.“ Und tatsächlich lässt Wonderland's War auf den ersten Blick recht wenig Rückschlüsse darüber ziehen, was hier gleich passieren wird. Zunächst erhalten alle Spieler*innen jedenfalls einen der fünf im Grundspiel enthaltenen Charaktere: Alice, den Hutmacher, die Grinsekatze, den Jabberwocky oder die Herzkönigin.

Dazu gibt es jeweils ein Tableau, ein Start-Chip-Set, teils eigene Zusatz-Elemente wie die Gift-Tokens beim Jabberwocky und Burgen, Tokens und Meeple der entsprechenden Farbe. Steht das einmal, kann es nach einer kleinen Auslagen- und Brett-Vorbereitung losgehen.

Gespielt wird Wonderland's War über drei Runden, wobei jede Runde aus einer Teeparty- und einer Kriegsphase besteht. Nach drei Runden gewinnt der Wunderländer mit den meisten Siegpunkten. Was in diesen beiden Phasen passiert, ist dabei ziemlich spannend in seiner Kombination aus bekannten Mechanismen.


[Die Teeparty: Schnappt eure Lieblingsaktionen]

Losstarten und Tee trinken – das ist bei jeder Runde die erste Aufgabe der Spieler*innen. Dafür gehen sie am schön mit Karten gedeckten Tisch entlang und picken sich reihum eine Aktion in Form einer der Karten aus. Bedeutet: Figur auf das Feld am Tisch-Rondell stellen, das die Karte der Wahl beinhaltet, Aktion ausführen, Karte nehmen, nächste Person. Das geht so lange weiter, bis alle Spieler*innen vier Karten ausgewählt haben.

Die Karten können dabei ganz unterschiedliche Aktionen auslösen:

  • Wunderländer aus der offenen Auslage nehmen. Alle Wunderländer haben eigene Aktionen und Möglichkeiten und sind entweder in Form von Chips im Beutel oder in Form von Figuren auf dem Brett vertreten.
  • Chips in den Beutel legen. Auch hier haben alle Basis-Tokens unterschiedliche Fähigkeiten. Diese sind wie bei Quacksalber in verschiedenen Versionen enthalten, im ersten Spiel wird das Spiel mit Effekt A empfohlen.
  • Anhänger in den Regionen platzieren – denn nur mit mindestens einem eigenen Token pro Region dürft ihr beim dortigen Kampf teilnehmen.
  • Splitter abwerfen – jeder Splitter ist am Ende ein Minuspunkt
  • Wahnsinnschips abwerfen – so könnt ihr euren Beutel optimieren

Das Besondere: Felder, auf denen eine Karte genommen wurde, werden erst wieder aufgefüllt, wenn eine Person den Tisch umrundet. Zurückgehen dürft ihr hier übrigens nicht. Kommt ihr wieder am Kopf des Tischs an, müsst ihr den Splitterwürfel werfen und entsprechend viele Splitter zu euch nehmen. Das schränkt die Bewegung angenehm ein.

Zieht eine Person die letzte Karte, stellt sie ihren Anführer in eine der fünf Regionen, die den Tisch umgeben. Der Kampf kann beginnen.


[Der Krieg: Jetzt geht’s um den Beutel]


Sind die Vorbereitungen durch die Teeparty erst abgeschlossen, nimmt Wonderland's War so richtig Fahrt auf. Denn nun kommen alle zuvor erworbenen Aktionen, Fähigkeiten und Chips zum Einsatz. Dafür werden nacheinander alle fünf Regionen erkämpft. Und das im Mix aus klassischem Area Control und wildem Beutel-Brimborium.

Bei jeder Region wird dafür zunächst überprüft, wer hier wie viele Präsenzen – also Wunderländer, Schlösser oder seinen Helden – hat. Auf Basis dieser Präsenzen wird der Kampfwert aller anwesenden Spieler*innen für diese Region bestimmt, der über eine Leiste auf dem Brett angezeigt wird.

Nun kommen die Chips zum Einsatz: Alle Kampfbeteiligten ziehen einen Chip aus ihrem Beutel und lösen dessen Effekt aus bzw erhöhen ihren Kampfwert. Die Chips können dabei ganz unterschiedliche Effekte auslösen, je nachdem mit welcher Seite gespielt wird und welche besonderen Wunderländer bei den Spieler*innen ins Team gewechselt sind. Zum Beispiel werden so die anschließend gezogenen Chip-Werte verdoppelt oder es dürfen über die ‚Schmiede‘-Funktion neue Funktionen auf dem eigenen Tableau freigeschaltet werden.

Nun haben alle Spieler*innen die Wahl: Möchten sie einen weiteren Chip ziehen oder steigen sie aus? Ganz ähnlich wie bei Quacksalber kann es nämlich auch bei Wonderland’s War dazu kommen, dass die wilde Zieherei ein plötzliches Ende findet. Was bei den Quacksalbern der Knoblauch ist, ist hier nur der Wahnsinn. Pro gezogenem Wahnsinn muss eine der eigenen Präsenzen aus der Region entfernt werden – sind keine mehr vorhanden, ist man automatisch aus dem Kampf ausgeschieden.

Der Kampf geht nun so lange weiter, bis entweder alle ausgestiegen oder wahnsinnig geworden sind oder nur noch die Person mit den meisten Punkten übrig geblieben ist. Der Gewinner oder die Gewinnerin bekommt dann die Siegpunkte der Region (die sich übrigens je nach Runde und Region unterscheiden) und darf – wenn noch nicht zuvor geschehen – ein Schloss platzieren, das eine dauerhafte Präsenz ist.

Übrigens haben auch die Spieler*innen etwas von dieser Aufregung, die selbst nicht im Kampfgeschehen beteiligt sind: Pro Kampf dürfen alle Zuschauer*innen zu Beginn eine verdeckte Wette abgeben, wer diesen Kampf gewinnen wird. Wer richtig liegt, erhält einen Chip seiner Wahl in den Beutel – wer falsch tippt, bekommt einen Splitter. Mitgejubelt werden darf also auch.

[Das große Finale: Punkte, Punkte, Punkte]

Nach drei Runde voller hitziger Duelle und nicht weniger hitzigen Teepartys kommt es zur großen Auszählung der Siegpunkte.

Schon während des Spiels konnten die Spieler*innen bei den einzelnen Kämpfen Punkte sammeln, die sie direkt auf der Punkteleiste vorrückten. Zusätzlich gibt es in dieser letzten Wertung Punkte für errichtete Schlösser und erfüllte Auftragskarten, die man während der Teeparty sammelt und in den Schlachten erfüllt. Diese individuellen Punktekarten beziehen sich zum Beispiel auf bestimmte Präsenzen in bestimmten Gebieten oder das Landen auf einer bestimmten Stärkezahl.

Jeder Splitter ist am Ende je ein Minuspunkt - und die Person mit den meisten Siegpunkten ist neue*r Herrscher*in des Wunderlandes!

[Fazit: Da klettern wir alle Alice gerne hinterher]

Wonderland’s War ist einer der großen Hype-Titel der letzten Jahre – bei dieser Optik lag die Gefahr für eine generische Überproduktion ziemlich hoch. Doch was hier an Spielmechaniken, Immersion und Möglichkeiten zusammengewürfelt wird, ist beinahe so genial wie die legendäre Romanvorlage dahinter.
Was Wonderland’s War so besonders macht:

  • Das Bagbuilding-Element ist hier super elegant gelöst und sorgt dennoch für Spannung, Nervenkitzel und ein angenehmes Zufallselement. Letzteres muss man natürlich mögen, doch gerade auf diesem Spielniveau lassen viele Spiele dieses Element hinter sich und ebnen damit den Weg für das Problem, dass immer die Spieler*innen mit der meisten Erfahrung gewinnen. Hier geht das kaum.
  • Die Wetten sind die Würze! Denn statt nur zu warten, bis der eigene Kampf startet, sind immer alle Spieler*innen aktiv eingebunden.
  • Wiederspielwert dank massig Content. Durch die vielen asymmetrischen Funktionen der vier Figuren, den individuellen Auftragskarten und der unzähligen Wunderländer und Effekt-Variationen steckt in der Basis-Box bereits genug Stoff für viele Reisen ins Wunderland. Und das, obwohl das Spiel eigentlich schon in der einfachsten Version brilliert.


Kurzum: Wonderland’s War ist eine wahnwitzige Empfehlung für alle, die ihre Kenner-Spiele nicht bis in die letzte Wahrscheinlichkeit durchrechnen möchten, sondern auch einfach mal dem Zufall die Hand reichen möchten. Nur ein kleiner Tipp: Für Erstpartien mit vier oder gar fünf Spieler*innen sollte ordentlich (circa 4 Stunden) Zeit eingeplant werden. Zu dritt funktioniert es aber bestens.

 ____________________________________________



Wonderland's War von Tim Eisner, Ben Eisner und Ian Moss
Erschienen bei Mirakulus
Für 2-5 Spieler in 45-120 Minuten ab 13 Jahren
Boardgamegeek-Link

Kaufen bei der Meeplebox*


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Mirakulus)

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.

Amulett

Von:Julia
18. August 2024 um 22:30


Wer besiegt die meisten Monster versus wie gut meistert ihr die Herausforderung als Team? Wo viele andere Spiele euch vor die Herausforderung stellen, bietet Amulett euch eine Koop- und eine kompetitive Version des klassischen Monster-Battles an. Ob es im klassischen Eurogame-Setting zu epischen Schlachten kommt?

Amulett ist ein Worker Placement-Spiel von Alena und Vladimir Sokolov für 1-5 Spieler*innen ab 12 Jahren und dauert circa 60-90 Minuten.

[Spielmaterial: Schwere Box, viel Inhalt]

Über das Cover von Amulett gehen die Meinungen scheinbar auseinander: In unseren Spielerunden reichten die Feedbacks von „Richtig schick!“ bis „Total grässlich!“. Ob das zugegeben sehr überzeichnete und etwas Retro-wirkende Design euch nun anspricht oder nicht – ein Blick in den Karton lohnt sich auf jeden Fall.

Denn darin wartet jede. Menge. Spielmaterial! Und das wie von Grimspire gewohnt in bester Qualität. So gibt es neben dem klassischen Spielbrett fünf liebevoll gestaltete Minis der spielbaren Held*innen sowie je ein individuelles doppellagiges (!) Charaktertableau, jede Menge toll designter Karten, Edelsteinmarker aus Holz und 238 (!) Plättchen. Die Qualität des Materials ist dabei durch die Bank gut bis sehr gut und die angenehm düstere High Fantasy-Optik klassisch, aber edel. Ein toller Ersteindruck!

[Spielablauf: Halb Kampf, halb Puzzle]


Habt ihr euch einmal durch das ewige Auspöppeln und initiale Sortieren gekämpft, dürft ihr auch schon starten. Die Regeln sind für Kennerspieler*innen denkbar angenehm und schnell erlernt. Bekannte Mechanismen werden hier auf halbwegs neue Weise zusammengebracht, damit ihr euch den Monstern, die die Städte bedrohen, erfolgreich stellen könnt.

Wie oben erwähnt, könnt ihr das Spiel gemeinsam oder gegeneinander spielen. Die meisten Mechanismen sind dabei identisch – starten wir also mit den kompetitiven Regeln. Zunächst suchen sich alle Mitspielenden eine*n der fünf Held*innen aus, die allesamt einen individuellen Tag Tree sowie eine besondere Fähigkeit aufweisen. Nach einigen Spielbrett- und Vorratsvorbereitungen kann es losgehen.

Ihr spielt Amulett über mehrere Runden aka Tage. Beim Solo oder 2-Personen-Spiel sind das 8 Tage, zu dritt 7 und zu viert oder fünft 6 Runden. Jeder Tag besteht dabei aus

  1. Dämmerung: Neue Monster aufdecken, Spielbrett vorbereiten
  2. Morgen: Alle Spieler*innen setzen ihre Figur auf ein Feld und führen die jeweilige Aktion aus
  3. Abend: Zwei Aktion synchron zum Morgen. Einige Aktionen sind aber nur im Morgen oder Abend verfügbar
  4. Nacht: Die Monster greifen an.


Morgens und abends geht’s hier also ganz klassisch im Worker Placement Segment zu. Dafür stellt ihr eure Figur auf ein Feld (ihr dürft nicht stehenbleiben) eurer Wahl und löst die jeweilige Aktion aus. Dabei könnt ihr die ausliegenden Monster direkt angreifen, euch Zaubertränke für besondere Fähigkeiten sichern, euch heilen, zur gemeinsamen Quest beisteuern, eure Waffen auffrischen und so weiter.

Alle einzelnen Felder zu erklären, würde den Rahmen sprengen, doch was Amulett wirklich besonders macht, sind die Kämpfe. Die ausliegenden Monsterkarten haben dabei eine Vor- und eine Rückseite. Auf der Rückseite ist ein Raster zu sehen, auf dem verschiedene Symbole verteilt sind.

Euer Ziel: Alle Schadensfelder (markiert durch ein X) des Monsters mit euren Waffen oder Spezial-Items zu bedecken. Diese sind wiederum in verschiedenen Tetris-Formen angeordnet, wobei alle Figuren ihr eigenes Set an individuellen Waffen mit sich bringt. Nicht überdeckte Felder geben am Ende des Kampfs entweder zusätzliche Boni oder Schaden für die Kämpfer*in. Als Belohnung für besiegte Monster erwarten euch Level, die ihr auf eurem Tag Tree nutzen könnt, und Diamanten für euer „Amulett“.

Dieses ist ebenfalls auf eurem Tableau zu finden und ist ebenfalls bei allen Mitspielenden anders aufgebaut. Legt ihr die Edelsteine hier auf die farblich passenden Felder und umrandet so ein Punktefeld, erhaltet ihr die angegebenen Punkte für euer Punkte-Konto. Am Ende jedes Kampfes sind alle verwendete Waffen verbraucht und ihr müsst sie wieder auffrischen.

[Koop vs Kooperativ: Was steht Amulett besser?]


Grundsätzlich ist die Idee, beide Spielmechanismen in einer Box zu verbinden, lobenswert. Denn je nach Gruppenkonstellation oder Vorlieben ist genau das richtige Material für einen schönen Abend enthalten. Bei Amulett sind beide Modi gut spielbar – doch der kompetitive Modus ist eindeutig im Fokus.
Während ihr euch hier ein Duell um die meisten Siegpunkte liefert und so versucht, möglichst viele Monster zu besiegen, um wiederum durch die Edelsteine in eurem Amulett die meisten Siegpunkte einzuheimsen, fällt dieses Kern-Element im gemeinsamen Spiel komplett raus. Die Siegpunkte sind größtenteils vollkommen egal.

Stattdessen stellt ihr euch hier gemeinsam 3 Quests in verschiedenen Schwierigkeitsstufen. So dürfen beispielsweise am Ende der Nacht keine Monster mehr in der Höhle liegen. Zusätzlich müssen alle Mitspielenden eine ihrer persönlichen Quests erfüllen. Erst dann gewinnt das gesamte Team. Das ist oft selbst auf niedrigster Stufe eine echte Herausforderung, da nur sehr begrenzte Aktionen zur Verfügung stehen.

Es gibt auch kleine Unterschiede: Über die Quest an der Burg können die Mitspielenden gemeinsam die verschiedenen Felder auf dem Spiel aufleveln, um die Aktionen jeweils zu verstärken. Im kompetitiven Spiel ist dieses gemeinsame Agieren eine interessante Abwandlung, gemeinsam verliert das Team pro Quest meist ganze Spielzüge (die Quests sind alleine nicht schaffbar), was sich nur selten auszahlt.

[Fazit: Die etwas andere Schlacht]


So episch wie „Der Herr der Ringe“ ist Amulett sicherlich nicht. Und auch nicht so imposant wie der nächste 500 Euro-Kickstarter Dungeon Crawler. Dafür bringt das Spiel die Monsterschlacht aber ziemlich elegant in das Euro Game-Setting. Und doch: Über ein „Ganz gut“ kommt es nicht wirklich heraus.

Schade – denn dieser ungewöhnliche Kampfmechanismus mit dem Lege-Prinzip ist recht unverbraucht und kann gerade durch die immense Asymmetrie zwischen den verschiedenen Figuren auf jeden Fall begeistern. Auch dass das Spiel zu fünft spielbar ist, darf durchaus hervorgehoben werden, wo doch immer noch viele Spiele bei der magischen Grenze von vier stehen bleiben. 

Ein Lob gibt es zudem für das tolle Spielmaterial und die liebevoll designten Karten – wirklich jedes Monster wurde komplett unterschiedlich dargestellt. Die Atmosphäre wäre damit da.

Woran es dann doch etwas hapert? Am Wiederspielreiz. Denn Kennerspieler*innen bekommen schnell das Gefühl, alles gesehen zu haben. Die Entscheidungen und Kämpfe ähneln sich dafür zu sehr, auch wenn die Monster je unterschiedliche Felder haben und die Quests sich unterscheiden. Zudem scheint es etwas viel „Drumherum“ zu sein, während der Haupt-Mechanismus doch auch deutlich schlanker hätte sein können.

Ein wenig erinnern die Kämpfe dabei an zwei sehr gute Alternativen: Wer (semi-)kooperativ Monster per Feld-Abdecken besiegen will, greift zum großen The Great Wall, wer es lieber knackiger und ohne lästiges Worker Placement möchte, findet in Zombicide: Feuer Frei! die perfekte Wahl. 

Wenn es dann doch High Fantasy sein soll und das Eurogame-Herz auch Monsterblut riechen möchte, macht mit Amulett aber definitiv nichts falsch. Zur Legende wird das Spiel dennoch nicht werden.

 ____________________________________________



Amulett von Alena Sokolov und Vladimir Sokolov
Erschienen bei Grimspire
Für 1-5 Spieler in 60-90 Minuten ab 12Jahren
Boardgamegeek-Link


sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Grimspire)

*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine weiteren Kosten. Wir erhalten eine Provision.

❌