Lese-Ansicht

Erde: Vielfalt




Das Spiel Erde von Maxime Tardif hat meines Erachtens zwei Dinge geschafft: Zum einen hat es – zusammen mit Arche Nova – den bis heute anhaltenden Trend der Naturspiele ins Rollen gebracht, zum anderen hat es die Spielerschaft aber auch gespalten. Möglicherweise liegt das auch daran, dass es relativ zeitnah zu Arche Nova erschienen ist und sich somit den direkten Vergleich gefallen lassen musste – auch wenn dieser nicht wirklich fair ist.

Mir persönlich hat Erde bisher immer gut gefallen. Ich mag das Tableau-Building und die daraus resultierende Engine, die man sich im Laufe des Spiels aufbauen kann. Ja, ich bin und bleibe ein Fan von Engine-Building – schuldig im Sinne der Anklage!


Nun gibt es die erste Erweiterung zu Erde, mit dem Titel Vielfalt, und wir wollen uns mal anschauen, ob sich die Anschaffung lohnt. Auf jeden Fall lohnt sie sich schon einmal, wenn man Erde nun zu sechst spielen möchte – dafür ist das benötigte Material nämlich ebenfalls enthalten. Hinzu kommen neue sogenannte Vielfalt-Tableaus, die man auf die originalen Spielertableaus legen kann. Diese Tableaus bieten zwei neue Funktionen: Sie zeigen weitere Tauschmöglichkeiten sowie die Erklärung neuer Symbole, und sie ermöglichen es, Sprossen zu lagern, die man nicht sofort einsetzen konnte. Teilweise ist es sogar so, dass Sprossen zunächst dort abgelegt werden müssen, bevor sie den Pflanzen zugeordnet werden – das hängt davon ab, wie man an die Sprossen gelangt.

Neben neuen Karten in jeder Kategorie gibt es nun auch Samen. Diese sind recht wertvoll – nicht nur aufgrund ihrer interessanten Tauschmöglichkeiten, sondern auch wegen der neuen Keimen-Funktion. Damit darf man den ziemlich großen Nachziehstapel gezielt nach bestimmten Karteneigenschaften durchsuchen. Die Anleitung gibt vor, wonach man alles suchen darf – aber ich kann euch sagen: Eigentlich ist alles möglich, solange man es formulieren kann. Dafür wird der Nachziehstapel umgedreht, und man arbeitet sich durch die Karten, bis eine passende Eigenschaft gefunden ist. Diese Karte darf man dann auf die Hand nehmen, der Rest wird neu gemischt.


Die neuen Karten bringen zudem ein bisschen mehr Interaktion ins Spiel. So kann man nun gezielt Mitspieler auswählen, die etwas erhalten, oder ist bei manchen Effekten davon abhängig, was die Mitspieler bereits ausliegen haben. Kurz: Sich nur auf das eigene Tableau zu konzentrieren kann funktionieren, aber effektiver ist es vielleicht, auch mal nach links und rechts zu schauen.

Neu sind außerdem sogenannte Zwischenereignisse. Diese dürfen nur zwischen den Aktionen gespielt werden und bieten allen Spielern die Möglichkeit, das Ereignis zu nutzen – wobei der ausspielende Spieler dazu verpflichtet ist.


Prinzipiell ist Erde: Vielfalt eine Erweiterung nach dem Motto „more of the same“ – aber mit sehr sinnvollen Ergänzungen. Gerade die Möglichkeit, gezielt durch den Stapel zu suchen, senkt auf jeden Fall das Frustlevel, wenn die passenden Karten einfach nicht kommen wollen. Auch die erhöhte Interaktion gefällt mir gut und ist eine echte Bereicherung. Wer also gerade an diesen beiden Punkten Interesse hat, sollte die Erweiterung dem Basisspiel unbedingt hinzufügen. Spieler, die das weniger reizt, bekommen „nur“ mehr Abwechslung – was zwar schön ist, aber den Preis der Erweiterung eventuell nicht rechtfertigt.

Ich persönlich hätte es schöner gefunden, das Material für den sechsten Spieler separat anzubieten, denn genau dieser Punkt treibt den Preis doch spürbar in die Höhe. Ich zum Beispiel sehe für mich keine realistische Gelegenheit, Erde mit sechs Personen zu spielen, finde aber die anderen Neuerungen spannend – und bin nun gezwungen, für etwas mit zu zahlen, das ich gar nicht brauche …


Wie ihr vermutlich schon gesehen habt: Ich hatte hier einen englischsprachigen Prototypen vorliegen. Im fertigen Produkt mag es also noch Änderungen oder Ergänzungen geben.

Abschließend bleibt zu sagen: Erde: Vielfalt ist eine sehr gelungene Erweiterung – wenn auch kein Must-Have. Was wiederum auch für das Basisspiel spricht.
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Erde Vielfalt von Maxime Tardif
Erschienen bei Skellig Games
Für 2-6 Spieler in ca. 60-90 Minuten ab 13 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Skellig Games)

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Uptown


In Uptown schlüpfen 2–4 Spieler ab 10 Jahren in die Rolle von Stadtentwicklern, die darum wetteifern, die prestigeträchtigste Straße zu gestalten. Dabei errichten wir Häuser, Bürogebäude, Servicezentren und mehr, um unsere Straße zum Glanzstück der Stadt zu machen. Wenn man dabei auch noch finanzielles Geschick beweist – umso besser!

Jeder Spieler verfügt über ein eigenes Straßenbrett und einen Satz doppelseitiger Projektkarten. Im eigenen Zug führe ich zwei Aktionen aus, die allerdings auch davon abhängen können, was meine Mitspieler so treiben. Bei der ersten Aktion darf ich stets kostenlos die oberste Karte meines Projektstapels nehmen – vorausgesetzt, es liegen keine Geldscheine darauf. Liegt dort allerdings Geld, nehme ich stattdessen dieses Geld als erste Aktion an mich.


Wie kommt das Geld überhaupt auf den Stapel? Ganz einfach: In der zweiten Aktion kaufe ich entweder die oberste Karte meines eigenen Stapels oder die eines Mitspielers. Wenn ich bei einem Mitspieler kaufe, lege ich den entsprechenden Geldbetrag auf dessen Stapel. Kaufe ich bei mir selbst, geht das Geld in die Bank.

Die Karten zeigen immer zwei mögliche Projekte zur Auswahl – beispielsweise Wohnungen, Büros, Parks oder Unterhaltungsorte. Ich wähle eine der beiden Seiten und platziere das Projekt auf einem der fünf Bauplätze meiner Straße.

Gefallen mir weder meine eigenen noch die Projekte der Mitspieler, kann ich stattdessen auf öffentliche Projekte zurückgreifen.


Die Projekte bringen in der Regel Einkommen und/oder Prestigepunkte – manchmal einfach so, manchmal nur unter bestimmten Bedingungen. Ein Kino profitiert zum Beispiel davon, wenn sich im gleichen Gebäude auch ein Restaurant oder eine Bar befindet. Wohnungsmieter sehen das hingegen eher kritisch.

Einige Projekte dürfen nur im Erdgeschoss oder auf dem Dach platziert werden. Den Dächern kommt eine besondere Rolle zu: Immer wenn ich ein Gebäude abschließe, erhalte ich das Einkommen der darunterliegenden Projekte. Außerdem dienen die Dächer als Spielende-Trigger – sobald ein Spieler alle fünf Bauplätze abgeschlossen hat, wird die laufende Runde noch zu Ende gespielt und dann gewertet.

Interaktion kommt ins Spiel durch sogenannte Geschenkprojekte. Diese bezahle ich zwar, baue sie aber in die Straße eines Mitspielers – und wie man sich denken kann, ist das selten zu dessen Vorteil. So kann man etwa frühzeitig ein fremdes Gebäude mit einem geschenkten Dach abschließen, was dessen Pläne ordentlich durcheinanderbringt.



Am Spielende wird jedes Gebäude einzeln gewertet, und auch übriges Geld zählt in Form von Prestigepunkten. Wer am meisten Punkte gesammelt hat, wird zum erfolgreichsten Stadtplaner gekrönt.

Was soll ich sagen? Uptown hat mir in den bisherigen Runden richtig gut gefallen. Mit 3 oder 4 Spielern kann es etwas unübersichtlich werden – besonders, wenn ich überlege, wie ich meinen Mitspielern möglichst effektiv dazwischengrätsche – aber das ist für mich nur ein kleines Manko. Im Spiel zu zweit wird es dann richtig taktisch, auch wenn die Interaktion natürlich etwas zurückgeht und die Auswahl an Karten geringer wird.

Ich bin und bleibe ein Freund von Engine Building – und das zeigt sich auch bei Uptown. Das Thema finde ich gelungen, und die Karten sind teils witzig illustriert und mit sinnvoller Symbolik versehen. Ich meine, wer will schon eine Nacktbar direkt neben seinem schicken Hotel?


Auch die Spielzeit passt mit ca. 30–60 Minuten gut zum Spielgefühl. Die Endwertung ist stellenweise etwas fummelig, aber wer Fantastische Reiche oder Mischwald kennt, wird da nur müde lächeln. Größeres Manko ist die doch sehr überschaubare Anleitung, so wird z.B. die Mechanik des Verschenkens gar nicht erklärt, sondern nur das Symbol in einem Satz. Ich sag mal so: unerfahrene Spieler werde da mit Fragezeichen sitzen, Vielspieler werden es dann aus dem Bauch heraus spielen, wie es irgendwie nur Sinn ergibt. Komisch ist auch, dass die Karte beidseitig bedruckt wurden - also eigentlich gibt es sogar 4 mögliche Projekte, aber es gibt gar keine Möglichkeit die Rückseite in Betracht zu ziehen... naja...

Ihr merkt schon: Uptown ist für mich eine kleine Perle für zwischendurch – ein Spiel, das bei mir gleich mehrere Knöpfe drückt, die ich einfach mag, auch wenn es an mancher Stelle seine Schwächen hat.

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Uptown von Adam Strzelecki
Erschienen bei Trefl
Für 2-4 Spieler in ca. 45 Minuten ab 10 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Trefl)

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One Earth


One Earth ist eine alleine deshalb schon ein spannender Titel, weil der zugehörige Verlag Cation Arts in den Vereinigten Arabischen Emiraten ansässig ist. Viele Titel aus dieser Ecke der Welt erreichen den europäischen Markt nicht. Interessanterweise hat aber gerade der Autor von One Earth Mohamed Al Quadi einen recht hohen Output und organisiert erfolgreiche, internationale Crowdfunding-Kampagnen. Conquerer: Final Conquest und All Time Wrestling gehören zu diesen Spielen, welche über diesem Weg einem etwas größeren Publikum bekannt wurden.
 

One Earth aus dem Jahre 2022 ist da schon ein wenig nischiger, was auch an dessen Thema liegen könnte. Es geht um den Klimawandel und wie sich dieser verhindern lässt. 1-5 Personen können sich bei One Earth an dieses Unterfangen machen. Der Verlag empfiehlt hierbei ein Alter ab 14 Jahren. Meines Ermessens ist das Spiel aber auch schon mit jüngeren Kindern gut spielbar. Ich würde sagen, so ab 10 Jahren. Dies Regeln des Spieles sind nämlich eigentlich recht übersichtlich. Komplizierter wird es nur bei den Spielendebedingungen und bei einer bestimmten Spielphase, welche gelegentlich eintritt. Mit 30-40 Minuten Spielzeit ist One Earth gemessen an dem Thema und dessen wie diesem im Spiel begegnet wird ein sehr schnell gespielter Titel. Faktisch spielt man bei dem Spiel nämlich Nationen, welche bemüht sind ihren Wohlstand zu mehren und dabei versuchen die Umwelt nicht völlig aus den Augen zu verlieren. Es gibt hierbei UN-Konferenzen samt Resulotionen und Bestrafungen für die Nation, welche dem Klima am meisten schadet.
 

Bei One Earth bauen sich alle Spielenden im Laufe der Partie eine eigene Kartenauslage auf, welche aus Projekt-, Technologie- und Klimaschutz Richtlinien-Karten besteht. Diese Karten haben Auswirkungen auf den Wohlstand und die Emmisonen der gespielten Nation. Beides wird auf dem allgemeinen Spieltableau abgetragen. Der Wohlstand stellt zudem auch das Einkommen dar, welches man am Beginn des Spielzuges ausgezahlt bekommt. Mit diesem Geld kann man dann weitere Karten kaufen. Ein sehr interessannter Moment ist, dass die individuelle Umweltveschmutzung auch Einfluss auf die globalen Emmisionen hat. Dementsprechend werden die addierten individuellen Emissionen der gespielten Nationen mit einem weiteren Marker nachgehalten. Die Position des Markes ist insofern wichtig, dass bei Überschreiten von Schwellenwerten Spielereignisse eintreten oder gar alle Spielenden die Partie verlieren.
 

One Earth kann in zwei Modi gespielt werden: Dem Standard Mode und dem Advanced Mode. Diese unterscheiden sich vor allem in den Spielendebedingungen. Jeder Runde des Spieles gliedert sich in zwei Phasen:
  • Start der neuen Runde
  • Spieleraktionen
Die zweite Phase ist hierbei sehr einfach gehalten. Reihum kommen die Spielenden, beginnend bei der dem/der Startspieler*in an die Reihe und können Karten kaufen: Bis zu zwei Projekte, eine Technologiekarte und eine Klimaschutzrichtlinie. Von den Projekten liegen in der Auslage immer sechs Karten aus. Alle anderen Karten sind frei verfügbar. Die Projektkarten enthalten Dinge wie Krankenhäuser, Flughäfen, Gaskraftwerke und vieles mehr. Allen diesen Karten ist gemein, dass sie in unterschiedlichen Relationen den Wohlstand der Nation fördern, ihre Emissionen erhöhen und dazu noch variierende Anschaffungskosten haben. Technologiekarten sorgen wiederum für Synergieeffekte. Sie reduzieren die Emissionen ausgewählter Technologien oder sorgen für höhere Produktivität bei gleichbleibender Emission. Klimaschutzrichlinien hingegen senken einfach die Emissionen.
 

Die Phase Start der neuen Runde hingegen ist ein wenig komplexer. Hier wird eventuell der größte Verschmutzer sanktioniert, das Emissionslevel gecheckt, wenn nötig ein UN Meeting abgehalten, eine UN-Resolution verabschiedet und auch ganz klassisch das Startspielertoken weitergegeben. Bei den UN-Meeting geht es darum, dass die Spielenden darüber abstimmen, ob sie die Nation mit dem höchsten Emissionslevel sanktionieren wollen. Dies kann die betroffene Person versuchen abzuwenden, indem sie nichtbindende Versprechen gegenüber den anderen Nationen macht. Beim Checken des Emissionslevels kann es passieren, dass ein Schwellenwert überschritten ist und dadurch ein Ereignis oder sogar ein kritisches Ereignis eintritt.
 
 
Für das Ende einer Partie One Earth gibt es verschiedenste Auslöser, welche sich in Stardard Mode und Advanced Mode unterscheiden. An dieser Stelle würde es zu weit führen diese im Detail aufzulisten. Verallgemeinert kann man aber sagen, dass in der Regel die wohlhabendste Person gewinnt - sofern der globale Emissionslevel zu diesem Zeitpunkt nicht schon über die kritische Grenze gepusht wurde. Dann könnte es auch sein, dass niemand gewinnt oder im Advanced Mode nur ein Pyrrhussieg eingefahren wird.


Optisch gefällt mir One Earth gut. Die eigentliche Zugstruktur ist einfach gehalten und das Zusammenwirken der verschiedenen Karten übersichtlich. Das Layout und die Ikonograhie der Karten sorgen auch dafür, dass man sich schnell zurechtfindet. Bei der Anleitung des Spieles merkt man aber deutlich, dass kein großer Verlag mit viel Expertise hinter dem Titel steckt. Es wird zwar viel bebildert, reichlich Beispiele und Layoutelemente genutzt, trotzdem ist die Anleitung zäh zu lesen und man braucht mehrere Anläufe um ein eigentlich wirklich einfaches Spiel zu verstehen. Vielleicht spielt hier auch rein, dass Standard und Advanced Mode nicht strikt voneinander getrennt dargestellt werden. Es wurde beim Layouten auch stark mit Farben gearbeitet. Meines Ermessens wurden diese aber eher gestalterisch eingesetzt, als dass diese auf Zusammenhänge hinweisen oder bei bestimmten Themen eingesetzt werden. Dies macht den Einstieg in das Spiel leider unnötig schwer. Ist man dann spielbereit, so geht der Titel eigentlich recht einfach von der Hand. Schön ist, dass man sich durch UN-Meeting, Krisenevents Sanktionsverhandlungen und Sanktionen fast wie in einer Simulation der Realität fühlt. Dies schafft schon eine gewisse Immersion. Leider gehen dem Spiel aber ein wenig die spannenden Entscheidungen ab. Zumindest beim Karten kaufen. Man will den Wohlstand steigern aber trotzdem nicht bei den Emissionen vorpreschen. Klimaschutz Richtlinien zu kaufen ist immer gut und für die Technologien will man unbedingt zwei passende Projektkarten haben. Das war es auch dann schon was man beachten muss. Dies ist meines Ermessens zu wenig. Ein wenig spannender wird es dann schon wieder beim UN-Meeting samt der Sanktionsverhandlungen. Hier kann je nach Gruppe der Spielenden schon was passieren. Leider merkt man dem Spiel aber auch ein paar Design Flaws an. Es gibt bspw. keine Anpassungen der Grenzwerte an den Playercount. Vielleicht hat man sich gescheut hier mehrere Grenzen auf das Board zu drucken.  Meines Ermessens macht dies das Spiel zu dritt deshalb aber vollkommen witzlos. Dies dürfte meiner Meinung nach nicht sein. Allgemein würde ich auch eher dazu raten den Titel in voller Besetzung zu spielen. Und auch in voller Besetzung würde ich dazu tendieren das Spiel eher aus edukativen Zwecken zu spielen. Als Lernspiel im Unterricht hat One Earth sicher eine gute Nische und es gibt wenig Spiele, welche so gut und kompakt die Weltlage in dem Bereich simulieren. Für einen Spieleabend gerade bei spielerfahrenen Menschen bietet One Earth aber meines Ermessens zu wenig interessante Entscheidungsmöglichkeiten. Nichtlehrern oder -dozenten würde ich dementsprechend dazu raten auf eine Order in den UAE zu verzichten und das Klima damit ein wenig zu schonen.

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One Earth

Autor: Mohamed Al Quadi

Erschienen bei Cation Arts

Für 1-5 Spieler*innen ab 14 Jahren.

Spieldauer etwa 20-40 Minuten


Sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Cation Arts)
*es handelt sich um einen Affiliatelink





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Revive


Kurz nachdem Revive erstmals auf Englisch erschienen ist, hörte ich in einem Podcast viele Lobhudeleien auf das Spiel. Mein Interesse war geweckt. Da damals schon feststand, dass das Spiel auch auf Deutsch erscheinen wird, hatte ich aber Geduld. Doch manchmal ist die Zeit eben so eine Sache. Ich hörte häufiger von dem Spiel. Mit dabei auch Aussagen wie „ein echter Expertenkracher“. Hm. Grundsätzlich, aus Vielspielenden-Sicht, ja eigentlich ein großes Lob. Aber ich hadere ja nicht selten mit „echten Expertenkrachern“. Entweder sind sie mir zu verkopft (Terra Mystica / Age of Innovation) oder sie fühlen sich für mich zu sehr nach Arbeit und zu wenig nach Spaß an (Woodcraft) oder ich find sie eigentlich echt gut, aber durch den Aufwand, den man betreiben muss, um sie überhaupt spielen zu können (und hier ist vor allem das Wiedereinsteigen in die Regeln gemeint), ziehen sie dann doch wieder aus (Nukleum). Also kam Revive erstmal nicht auf den Tisch, blieb aber im Hinterkopf für "irgendwann mal".


Erstmal. Denn nun kam es endlich doch auf den Tisch. Und zwar sehr lange. Denn ich baute es gar nicht erst ab. Denn das Spiel kommt ja mit einer Mini-Kampagne daher und man kann neue Sachen freischalten. Und ja, ich weiß. Die meisten Vielspielenden hielten dies für ein Tutorial, dass sie wie in Videospielen einfach übersprungen, alle Zusatzregeln und Stanzteile direkt in die erste Partie mitgenommen haben und fertig. Ich nicht. Denn ich war mal Videogamer (und bin es im Herzen immer noch): „Freischalten“ ist einfach toll. Deswegen mochte ich auch Dorfromantik, das ehrlich gesagt  nicht mehr angefasst wird, seitdem alle Boxen geöffnet wurden. Also las ich die unfassbar gut geschriebene Anleitung von Revive und beschloss, zum Einüben der Regeln eine Solo-Partie mit zwei Spielenden zu simulieren und einfach mal die Kampagne zu beginnen. Eigentlich nur, um in meiner Gruppe das Spiel anschließend erklären zu können und in die Kampagne zu starten – oder eben auch das Tutorial überspringen zu können (was ich nach der ersten Partie noch entscheiden wollte). Doch was passierte dann? Nun ja. Ich war total angefixt, wollte wissen, was noch ins Spiel kommt. Dabei half mir, dass das Spiel für das Solo-Spiel praktisch keinerlei Sonderregeln braucht. Ich spielte also Kapitel 2 der Kampagne und freute mich über die neuen Inhalte – diesmal als echtes Solospiel. Kapitel 3 übersprang ich und spielte Kapitel 4 und ich tat dann auch so, als ob ich Kapitel 5 gespielt hätte und spielte mit allem drum und dran eine Partie und dann noch eine... Fünf Partien in 2 Tagen. Danach dann mit einer echten menschlichen Gegenspielerin und dann noch in der Gruppe und dann nochmal und nochmal und.... Das Spiel blieb einfach auf dem Tisch liegen und ich „resettete“ immer einfach nur alles. Direkt im Anschluss kam die Erweiterung dazu, über die ich in unserem Blog zu einem anderen Zeitpunkt noch separat berichten werde.


Und das ist der große Unterschied zum eben erwähnten Dorfromantik: Zwar sog mich auch hier das „Freischalten“ von Dingen (die man schon kennt, denn man sieht sie in der Packung liegen und in der Anleitung beschrieben), ins Spiel. Aber Revive schaffte es im Anschluss weiterhin, mich an sich zu binden. Und auch wenn ich vielen Spielen etwas abgewinnen kann oder sehe, was andere darin gut finden – so bin ich eigentlich von sehr wenigen Spielen so begeistert, wie von Revive (und meist sind das dann solche Außenseiter wie Mythwind ;). Diese Begeisterung rührt bei Revive aus der Kombination von wirklich simplen und schnell verstandenen Regeln, gemischt mit asymmetrischen Fähigkeiten und super verzahnten Mechaniken, die zu tollen Entscheidungen führen, die einem aber nie den Kopf platzen lassen.


Was tun wir hier also? Nun ja, wir beleben unseren Planeten neu. Und hierfür mischen wir Engine Building mit Deckbuilding mit ein wenig Entdeckung und Ausbreitung. Und das alles dermaßen verzahnt, dass es einfach total locker-flockig dahin siedelt: Wer dran ist, hat zwei Aktionen, die er/sie aus 5 möglichen wählen kann: 1) eine Karte an das eigene Bord spielen und sich damit die eigene Engine bauen, 2) auf dem Spielplan Gebietsplättchen aufdecken (kostet Ressourcen – bringt Siegpunkte, neue Karten und deckt eben den Plan auf), 3) Gebäude bauen (kostet Ressourcen, bringt Schritte auf den drei persönlichen Leisten und schaltet Aktionen frei), 4) verlassene Städte besiedeln (schaltet die asymmetrischen Fähigkeiten sowie Endwertungen frei) oder 5) eine zusätzliche Ressource nehmen (eine Notaktion, die man eigentlich nicht machen sollte, da man mit den Aktionen selbst mehr erreicht). Ab und an muss ich mich zurücksetzen: Mache meine Kartenslots leer, reaktiviere meine Energie für Sonderfähigkeiten auf den Leisten. Bei unseren Aktionen helfen uns Slot-Plättchen, die wir fest in unser Bord einbauen (und uns je nach Kartenart, die gespielt wird, zusätzliche Boni bringen), Werkzeugkisten mit Belohnungen und die geheimnisvollen Artefakte. Letztere sind begrenzt verfügbar und beenden das Spiel, sofern sie aufgebraucht sind. Alle Spielenden haben besondere Karten, die aufzeigen, welche Artefaktart ihnen wofür eine besondere Endwertung bringt. Je häufiger man ein entsprechendes Artefakt hat, desto häufiger darf man diese Sorte dann auch für sich werten. Außerdem winken am Ende noch Bonuspunkte, die sich durch die freigeschalteten eigenen Fähigkeiten/Aktionen ergeben.


Die Regeln an sich sind also fast schon simpel. Die Entscheidung, wann ich welche Aktion wofür nutze, ist aber alles andere als trivial. Denn es gibt immer mehrere Wege zum Erfolg. Alles ist möglich, nicht alles immer sinnvoll – oder muss entsprechend ein wenig geplant und vorbereitet werden. ABER: Das Spiel und unsere Gegenspielenden ticken gegen uns, denn im Herzen ist Revive vor allem ein Wettrennen. Langfristige Planung wird schnell durch Kettenzüge torpediert, die das Spielende auslösen – auch wenn sich die allerersten Züge einer Partie nie so anfühlen. Diese Kettenzüge sind es, die geneigte Spieler durchaus in die Paralyse treiben können. ABER: Gleichzeitig ergeben sich diese fast wie von selbst, da alles so schön ineinander greift. Und so würde ich bei genauerer Betrachtung sagen, dass Revive eigentlich gar kein Expertenkracher, sondern vielmehr ein sehr gehobenes Kennerspiel ist. Aber da hier die Grenzen fließend sind, belasse ich es dabei mal, denn das BGG-Weight spricht da eine andere Sprache.


Was bleibt ist ein richtig toller Eindruck und Revive hat sich direkt und ohne Ankündigung in meine Top…10? (vielleicht, dafür müsste ich sie mal aufstellen) katapultiert. Und das, obwohl es nicht ganz frei von Makeln ist. Der Solo-Modus ist viel zu leicht (wobei man hier schön Taktiken üben kann und die Erweiterung hier Abhilfe bringt), die geheimen Artefaktwertungen sind sehr unterschiedlich und dadurch mitunter unfair (wird auch durch die Erweiterung behoben) und dann kommt da eben das drumherum: Der Spielaufbau stammt direkt aus der Eishölle, eben weil das Spiel so variabel ist. Das Erkunden der Landkarte nervt gewaltig, weil man ständig Plättchen umdrehen muss und diese gut verzahnt liegen, sodass man immer irgendwas verschiebt und letztlich ist das Thema….eigentlich nur für die coole Optik zuständig und völlig egal (auch trotz der Kampagne mit Storyanteil).
Und da wäre noch etwas, kein Makel, aber etwas, das man wissen muss: Spielt man Revive solo, ist das Spielgefühlt ein völlig anderes, wie zu zweit. Und zu zweit ist es völlig anders als zu dritt – einfach weil man zu zweit meistens eher nebeneinander her spielt und sich nicht nervt, weil das Spielfeld so groß ist. Zu dritt wird der Platz da schon enger. Zu viert ist das Spielfeld so, dass man gar nicht anders kann, als sich regelmäßig zu nerven und das Spiel deutlich Interaktiver wird – dafür aber die Downtime durchaus einen Tick zu lang werden kann. Am besten finde ich Revive daher zu dritt oder zu zweit, je nachdem, ob man konfrontativer oder friedlicher spielen möchte. Richtig gut: Zu zweit ist man locker in 60 Minuten durch, wenn beide die Regeln kennen und niemand in den eigenen Kettenzügen (die sich zu zweit auch meist gut planen lassen, während die andere Person am Zug ist) versinkt.

Ein richtig richtig, richtig, mega, super-duper-toller Ex….Kennerkracher!

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Revive von Helge Meissner, Kristian Amundsen Ostby, Eilif Svensson, Anna Wermlund
Erschienen bei Pegasus Spiele
Für 1 - 4 Spielende in 90 - 120 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Pegasus Spiele)
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Zhanguo: Das erste Kaiserreich


Zhanguo kam 2023 im Originalverlag zur Messe in Essen raus. Damals schaute ich immer neidisch auf das Spiel, da es einfach verdammt schön aussah. Leider gab es auch täglich eine extrem lange Schlange am Stand und die täglichen Kontingente waren immer restlos ausverkauft. Umso cooler, dass Zhanguo nun auch auf deutsch bei Giant Roc - dem Kennerspielverlag der SpieleOffensive erschienen ist und mir nun zum rezensieren vorlag.

Vorneweg: Das Material und die Optik sind auch nach wie vor ein Hingucker und haben mich direkt überzeugt. Inhaltlich sind wir ca. 200 v. Chr. und versuchen das zersplitterte China zu einen. Das tun wir, indem wir einheitliche Währung, einheitliche Sprache und einheitliche Gesetze in den unterschiedlichen Regionen des Landes zu etablieren. Etablieren ist dabei aber ein klassischer Euphemismus, denn freiwillig tun das die Bewohner des Landes sicherlich nicht. Im Spiel selbst wird das mit "Unruhe" bezeichnet, die wir "managen". Sicherlich für den ein oder anderen schwierige Kost, wenn ich meine Offiziere in die Regionen schicke, um Arbeiter "anzuheuern", die mir dann Paläste bauen?!? Sklaverei, I guess? Für mich persönlich ist das kein Problem. Ich sehe Spiele im historischen Kontext und nur weil ich hier Arbeiter versklave und Aufstände "manage", heißt das nicht, dass ich es im privaten gutheißen würde. Wer aber bereits bei Puerto Rico sich über die braunen Holzscheiben geärgert hat, der wird bei Zhanguo nicht glücklich.


Kommen wir zum Spielerischen. Hier möchte ich mit einem GROßEN Kritikpunkt anfangen, welcher mich wirklich in jeder Partie unendlich genervt hat - der Auf- und Abbau. Verpacken wir es positiv: Zhanguo hat einen enormen Wiederspielreiz, da der Aufbau des Brettes ziemlich komplett modular ist. Welche Belohnnungen liegen wo aus? Welche Ziele bringen für was Siegpunkte? Welche Mauern geben welche Boni? Alles modular. Sorgt aber leider auch dafür, dass ein Aufbau knapp 20 Minuten dauert. Das ist mir mittlerweile leider einfach zu viel. Selbst wenn ich mir ein 3D-Inlay drucken würde (mitgeliefert ist nämlich nix), würde sich das auch nicht deutlich reduzieren. Schade eigentlich.


Mechanisch haben wir bei Zhanguo einen Enginebuilder mit einer spannenden Hauptmechanik. In meinem Zug entscheide ich nämlich stets nur, ob ich eine meiner sechs Handkarten in eine Region anlege und somit meine Engine aufbaue für zukünftige Boni, oder ob ich eine Karte in den gemeinsamen Ablagestapel lege und dort eine Aktion ausführe. Der Clou? Jede Karte hat eine einzigartige Zahl und jede Aktion ist der Option "kleiner als" bzw. "größer als" zugeordnet. Lege ich bspw. eine Karte auf den Ablagestapel, welche kleiner als die zuletzt dort abgelegte ist und wähle eine Aktion, welche ebenfalls der Rubrik "kleiner als" zugeordnet ist, dann triggere ich Bonusaktionen. Und ja, richtig geraten, hier kommen die in Option 1 in die Regionen gelegten Karten ins Spiel. Bei Zhanguo haben wir also einen Mix aus extrem schnell abgehandelten Zügen und extrem belohnenden Kettenzügen.

Der Rest im Spiel ist nur schmuckes Beiwerk und Ergebnis der zuvor beschriebenen Mechanismen. Es gibt Mehrheiten in den Regionen, es gibt Siegpunktmultiplikatoren an den Mauerabschnitten, welche ich bauen kann und natürlich gibt es auch Aufträge, die ich ergüllen kann - hier in Form einer Terrakotta-Armee, welche ich ins Mausoleum stellen kann. Ach ja und eine Leiste gibt es natürlich auch noch.

Alles in allem ist das Alleinstellungsmerkmal von Zhanguo sicherlich der clevere Ablegemechanismus und das dadurch Triggern der Boni. Der Rest ist bereits aus vielen Euro-Games bekannt, funktioniert aber hier auch einwandfrei. Alles in allem eine Empfehlung mit leichten Einschränkungen aufgrund des unfassbar langen Aufbaus. Schlussendlich bleibt für mich nämlich die Frage, ob der clevere Hauptmechanismus auch in einem kleineren, kondensierteren Spiel hätte Platz finden können? Manchmal ist weniger eben doch mehr!

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Zhanguo: Das erste Kaiserreich von Marco Canetta und Stefania Nicollini
Erschienen bei Giant Roc
Für 1 bis 4 Spieler in ca. 120 Minuten ab 14 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Giant Roc)
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Empire's End


„Unser größter Ruhm liegt nicht darin, niemals zu fallen, sondern jedes Mal wieder aufzustehen, wenn wir gescheitert sind.“ (Konfuzius)
So steht es in der Spielanleitung von Empire’s End, in der uns auf allen paar Seiten wieder Mut gemacht wird, dass es doch alles nicht so schlimm ist, wie es sich anfühlt. Noch eins gefällig? „Inmitten des Chaos gibt es auch Chancen.“ (Sunzi) Warum brauchen wir aber eigentlich diese Ermutigung?

Bei Empire’s End handelt es sich um einen Engine Builder für bis zu 4 Spielende auf Kennerspiel-Niveau. Unser ruhmreiches und mit reichlich Siegpunkten ausgestattetes Imperium ist dem Untergang geweiht und wir versuchen von Runde zu Runde, den Verfall aufzuhalten oder eben möglichst produktiv für uns zu nutzen.


Die Spielrunden: Krise, Wirtschaft, Krise, Industrie, Krise, Krise...

Alle Mitspielenden starten mit 11 Ortskarten, die 3-32 Siegpunkte wert sind und uns in unterschiedlichen Phasen des Spiels Vorteile verschaffen. So produzieren Höfe während der Wirtschaftsrunden Ressourcen, unsere Dörfer verschaffen uns Vorteile in den Industrierunden und unsere Armeen stehen uns in den Militärrunden zur Verfügung. Die meisten Runden von Empire’s End sind jedoch Krisen.

In den Krisenrunden werden Krisenkarten aufgedeckt, die unsere Orte durch Brände, Hungersnöte und andere freudige Ereignisse bedrohen. Diese können wir abwenden, indem wir reihum eine bestimmte Ressource abgeben und die Krise an unseren linken Sitznachbarn sozusagen weiterreichen. Dieser kann nun entscheiden, ob er die Krise geschehen lässt und so die entsprechende Ortskarte zerstört oder selbst wiederum eine Ressource hinzufügt. So werden die Krisen reihum immer mit mehr Ressourcen aufgewertet, bis jemand sich entscheidet, sich dem Schicksal zu ergeben und seinen Ort zu zerstören. Dafür gibt es allerdings nicht nur die inzwischen angesammelten Ressourcen, sondern auch die entsprechende Innovationsfähigkeit der Krisenkarte, die nun zu einer Fähigkeit wird, die wir an eine andere, noch funktionsfähige, Ortschaft in unserer Auslage anhängen dürfen.


Innovationskarten: ein Lichtblick für unser Imperium

In den folgenden Wirtschafts- und Industrierunden von Empire’s End werden dann nicht nur die Fähigkeiten der Ortskarten aktiviert, sondern auch die entsprechend verbauten Innovationskarten. In den Industrierunden verbauen wir schließlich noch weitere Innovationskarten, bauen Orte nach Möglichkeit wieder auf und tauschen teilweise die Positionen unserer Orte miteinander, um die meisten Siegpunkte aus unseren verbleibenden Orten zu generieren. Schließlich gibt es noch die Militärrunden, in denen eine Feldzugkarte aufgedeckt wird, die uns die mögliche Belohnung für unsere militärische Stärke nennt. Diese setzt sich zusammen aus den Armeen, die noch unbeschadet in unserer Auslage liegen, entsprechenden Innovationskarten und Äxten, die wir verdeckt unserer Militärmacht hinzufügen können.


Besonders fies fühlen sich in Empire’s End die Doppelkrisen an, in denen gleich zwei Krisenkarten aufgedeckt werden, die wir versuchen zu verhindern oder eben gewinnbringend einzusetzen. Gerade diese Runden zeigen am deutlichsten das Paradoxon des Spiels. Immer und immer wieder passiert etwas Negatives und wir wissen, dass wir nicht alles zu verhindern wissen. Aber erst mal fühlt sich das ganz schön schlecht an. Im Gegensatz dazu stehen die belohnenden Wirtschaftsrunden, in denen wir endlich voll auskosten können, was wir uns aufgebaut haben. Danach steht aber schon wieder die nächste Krise vor der Tür, mit der wir fertig werden müssen.

Interaktion und tolles Material

Hervorzuheben ist bei Empire’s End die hohe Interaktion. Durch das Bieten auf die Krisen haben meine Aktionen immer eine direkte Auswirkung auf meine Gegenspieler und je nachdem, welche Krisenkarte ausliegt, muss ich höllisch aufpassen, ob sie meinen Mitspielenden mehr nützen könnte oder weniger. Auch das Material, insbesondere in der Deluxe Edition, ist besonders ansprechend, wobei auch schon die normale Variante mit einem praktischen Insert ausgeliefert wird, das den Aufbau und das Verstauen sehr komfortabel macht. Weniger komfortabel habe ich den Einstieg über die Spielregel empfunden, die meiner Meinung nach etwas unübersichtlich ist, wodurch wir auch noch in Partie 2 mit Ungenauigkeiten in den Regel-Details zu kämpfen hatten.


Fazit: Frust, aber in gut!

Abschließend tue ich mir schwer mit einer Bewertung von Empire’s End. Mechanisch ist es ein einwandfreies, interaktives Kennerspiel, das viele Entscheidungsmöglichkeiten bietet und uns Runde für Runde vor Herausforderungen stellt. Dennoch überwiegt im Spielgefühl der Frust und nicht die Lust. Überhaupt nicht, weil das Spiel schlecht ist! Es ist ein gutes Spiel durch und durch! Die Krisen verursachen aber einfach kein Wohlgefühl und am Ende ist man fast froh, wenn die Partie vorbei ist und man noch einige Punkte konserviert hat. Ein Spiel für Stehaufpersonen also! Wer sich darauf einlässt, bekommt aber einen hochwertig produzierten und interaktiven Engine-Builder und immerhin macht uns die Spielanleitung ja auch ein wenig Mut…

In diesem Sinne: „Schwierigkeiten stärken den Geist, wie Arbeit den Körper.“ (Seneca der Jüngere)
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Empire's End von John D. Claire
Erschienen bei Nice Game Publishing
Für 2-4 Spielende in ca. 45-60 Minuten ab 13 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Nice Game Publishing)
*es handelt sich um einen Affiliatelink
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