Lese-Ansicht

Sky Team


Für die einen das Spiel des Jahres 2024, für die anderen eigentlich eher ein Kenner- als ein Familienspiel und wieder andere können den ganzen Hype nicht verstehen. Zugegeben, diesen Einstieg könnte man bei sehr vielen Spielen nutzen. Und das ist auch gut so. Zeigt es doch, dass unser Hobby sehr unterschiedliche Interessen abdeckt und wir eben keinen Einheitsbrei vorgesetzt bekommen. Heute soll es aber mal um das erste und somit – aufgrund der Aktualität – bisher einzige reine Zwei-Personen-Spiel-des-Jahres gehen: Sky Team.


Skyteam kommt in einer mittelgroßen Box daher und auf den ersten Blick, steckt gar nicht so viel drin: Ein paar Würfel in zwei Farben, ein Spielbrett zum Zusammenbasteln (wobei sich das basteln auf das richtige Falten und mit Klebepads befestigen beschränkt), zwei Pappstreifen, ein paar Holzflugzeuge, zwei Sichtschirme, die wie eine kleine Box vor einem stehen und daher nicht umfallen (so simpel, aber wirklich durchdacht), eine Anleitung und ein Heft auf dem steht, dass man es erst nach der ersten Landung öffnen darf. Gut, und dann noch ein nicht wirklich verstecktes „Abteil“ der Box, in der noch ein wenig mehr Material liegt, das wir für das mysteriöse „nicht öffnen bevor“-Heft brauchen werden.

Die Regeln von Sky Team sind dabei zunächst simpel: Beide Mitspielenden bekommen einen Sichtschirm und die dazu farblich passenden vier Würfel. Man darf sich kurz abstimmen, was man in dieser Runde machen möchte, dann wird gewürfelt und ab jetzt geschwiegen. Beide Seiten legen abwechselnd je einen Würfel auf das Spielbrett und setzen damit die jeweilige Aktion um. Liegen alle acht Würfel auf dem Spielfeld wird „gewertet“ und die nächste Runde beginnt. Das geht so lange, bis der rechte Pappstreifen sein Ende erreicht hat. Soweit die rein mechanische Beschreibung des Ablaufs, die dem Spiel aber in keinster Weise gerecht wird. Denn so simpel und leicht das alles wirkt, so thematisch fühlt es sich durchaus an. Denn zunächst hat jede Seite in der Rolle des (Co-)Piloten bestimmte Aufgaben, die mit den Würfeln erfüllt werden müssen: als Pilotin kümmert man sich um das Ausfahren des Fahrwerks, bereitet die Bremsen für die Landung vor und kann sich ein wenig um den sonstigen Flugverkehr scheren, während man als Co-Pilot die Landeklappen vorbereiten und den Funkkontakt zum Tower halten muss. 


Der Clou ist dabei, dass zwar beide Seiten je vier Würfel haben, aber zwingend in jeder Runde je ein Würfel für das Ruder und ein Würfel für die Fluggeschwindigkeit genutzt werden müssen. Faktisch hat man so also nur zwei Würfel pro Runde verfügbar. Schlimmer noch: Bei den beiden gemeinsamen Pflichtfeldern hängt das Resultat von der Summe (Schub) bzw. Differenz (Ruder) der beiden Würfel ab. Je nachdem kann unser Flieger also in Schieflage geraten oder zu schnell oder zu langsam fliegen. Werden wir zu schief, endet das Spiel sehr abrupt, sind wir bei der Landung schief…nun ja, schaffen wir das Szenario ebenfalls nicht. Das Tempo dagegen bestimmt, ob wir uns überhaupt dem Zielflughafen nähern. Nach dem Ende jeder Runde sinkt unsere Flughöhe nämlich „automatisch“ und wenn wir dann keine Strecke machen….nun ja, ist auch Ende. Ziel ist es also, bis zum Ende der Flughöhe den Zielflughafen erreicht zu haben und dann genügend Bremskraft zu haben. Doch beim Streckemachen gibt es noch ein anderes Problem: Wir sind natürlich nicht allein am Himmel unterwegs. Da fliegt einiges umher, und wir müssen dem Tower sagen, dass die anderen Flieger bitte umgelenkt werden, sonst könnte es zu Kollisionen kommen. Kann man mit seinen zwei freien Würfeln mal nichts anfangen, kann man sich einen Kaffee gönnen, mit dessen Hilfe man später einen Würfel manipulieren kann.

Und so kann man in Sky Team so richtig viel falsch machen und es ist richtig wichtig, dass man sich auf sein Gegenüber einstellt und das gemeinsame Ziel einer jeden Runde vor dem Würfeln klar abstimmt. Und ich gebe es gerne zu, anfangs dachte ich, was ein Käse. Wie soll man sich denn zu etwas abstimmen, bei dem man gar nicht weiß, wer welche Würfel würfeln wird. Aber es funktioniert. Und es fühlt sich dabei absolut thematisch an. Der erste Flug ist dabei sehr motivierend, da man diesen mit Leichtigkeit schafft oder anschließend sehr genau weiß, was man eigentlich falsch gemacht hat und sich entsprechend sehr gut eingrooven kann. Und dann schaut man in das „nicht öffnen“-Heft und bekommt weitere Szenarien mit jeweils neuen Regel und anderen Flugbedingungen in drei verschiedenen Schwierigkeitsgraden. 


Der leichteste Schwierigkeitsgrad ist dabei nur einen Hauch schwieriger als das Einstiegsspiel, und das ist ein wenig die Gefahr: Wer das Tutorial zu leicht und zu anspruchslos fand, wird hier nicht wirklich stark gefordert und könnte leicht denken, Sky Team sei zu seicht. Wer direkt in die vollen geht, könnte aber ebenso abgeschreckt sein, da das Spiel wirklich so einiges in petto hat: Seitenwinde, Kerosinverbrauch, deutlich gesteigerter Flugverkehr, und so weiter. Im Kern hat jedes der 21 Szenarien ihre eigene Kombination aus Sonderregeln und das macht den Reiz an Sky Team aus, denn diese schafft man eben nicht alle mit Leichtigkeit aus dem Einstiegsspiel. Hier wird man dann mitunter so richtig gefordert. Dem kommt natürlich die recht kompakte Spieldauer zu gute. Schafft man ein Szenario nicht, ist schnell alles wieder zurückgesetzt und einem zweiten Versuch steht nichts im Wege. Heißt aber auch: Sind alle Szenarien einmal geschafft, verfliegt der Reiz von Sky Team ein wenig, da es ab dann nichts Neues mehr zu entdecken gibt. Aber das braucht es auch eigentlich nicht. Und daher ist und bleibt es ein richtig gutes Zwei-Personen-Spiel.


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Sky Team von Luc Rémond
Erschienen bei Kosmos
Für 2 Spielende in 15 Minuten ab 12 Jahren
sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (hier Kosmos)
*es handelt sich um einen Affiliate-Link. Für Euch entstehen keine zusätzlichen Kosten, wir erhalten eine kleine Provision.
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Die Rote Kathedrale (Erweiterung) - The Red Cathedral: Contractors


Manchmal braucht es auf dem Bau einfach Spezialisten! Das mussten auch die Baumeister der roten Kathedrale erfahren, die in der Erweiterung zu einem der gehobenen Kennerspiele der letzten Jahre ihre Baumeister im ganzen Zarenreich aussenden, um Spezialisten für den Bau der Basilius-Kathedrale anzuheuern. Die Erweiterung The Red Cathedral: Contractors wurde bislang nur auf Englisch und diversen anderen Sprachen veröffentlicht.

Contractors: Bauunternehmer unterwegs im Zarenreich

Contractors beinhaltet ein großes Erweiterungsmodul, die Bauunternehmer (die namensgebenden Contractors), sowie einige neue Gilden- und Bauplankarten für das Grundspiel. Für die Bauunternehmer fügen wir dem Spiel eine Erweiterung der Spielerboards sowie ein neues Spielbrett hinzu, das sechs wichtige Städte im Zarenreich zeigt. In unserem Zug steht uns eine vierte Aktion zusätzlich zu den drei des Grundspiels zur Verfügung. Wir können nun Genehmigungsplättchen bezahlen, um einen der sechs Bauunternehmer von unserem Spielertableau auf die Landkarte zu entsenden und dort einen Spezialisten anzuheuern. Für die Spezialisten zahlen wir 2 Rubel und erhalten ein Plättchen, das wir auf unserem Spielertableau lagern.


Die Spezialisten in der Contractors-Erweiterung geben uns mächtige Einmal-Aktionen (meist zusätzliche Ressourcen), die ausgelöst werden, wenn wir den schwarzen Spezialisten-Würfel für die Ressourcen-Aktion verwenden. Dieser kommt ebenfalls neu ins Spiel. Ist der Spezialist verbraucht, drehen wir ihn auf die Rückseite und sammeln das dort sichtbare Werkzeug für die Endwertung, wo uns möglichst viele unterschiedliche Spezialisten zahlreiche Ruhmespunkte bringen. Das Platzieren der Bauunternehmer selbst wird immer teurer, je mehr Bauunternehmer bereits in eine Stadt entsendet wurden. Dennoch haben wir ein großes Interesse, unsere Bauunternehmer dort zu platzieren. Jedem der Türme der roten Kathedrale ist eine Stadt zugeordnet. Wird der entsprechende Turm fertig gebaut, erhalten wir so viele Ruhmespunkte wie wir Banner im Turm haben Mal die Anzahl der Bauunternehmer in der entsprechenden Stadt.


Neue Gilden braucht das Land

Ein weiterer Aspekt der Contractors-Erweiterung sind die 30 neuen Gildenkarten in 10 neuen Gilden, die ins Spiel gebracht werden und die etwas schwächer anmutende Klerus-Karte im Grundspiel ersetzen. Manche der neuen Gilden interagieren mit dem Bauunternehmer-Modul, die große Mehrheit ist jedoch auch ohne dieses mit dem Grundspiel kombinierbar. Dabei ist die Vielfalt enorm: die Juweliere bringen Diamanten ins Spiel, die sich als beliebige Ressource einsetzen lassen, die Kunsthandwerker lassen uns Werkstattplättchen erneut aktivieren. Die Vorarbeiter bringen eine Spielfigur mit, die sich zwischen den Türmen bewegt und uns dort Siegpunkte bringt, die Großhändler lassen uns mit der Marktauslage interagieren. Einige der Gilden bringen zusätzliches Material ins Spiel, wobei die meisten nur mit den drei Karten auskommen, auf denen der Bonus aufgedruckt ist.


Einfach so hinzufügen wird schwierig

Auf Deutsch hat der Rote Kathedralen-Verlag Kosmos noch keine Anstalten gemacht, die Contractors-Erweiterung auf den Markt zu bringen. Ob dies nun der etwas heikel anmutenden thematischen Verortung geschuldet ist oder der Verlag nicht vom Produkt überzeugt ist, kann ich nicht beurteilen. Ich tue mir aber selbst etwas schwer, den Mehrwert der Erweiterung zu sehen. Grundsätzlich funktionieren die Bauunternehmer und Spezialisten sehr gut und fügen dem Spiel gleich zwei Möglichkeiten hinzu, Siegpunkte zu generieren. Dies geschieht in meinen Augen aber etwas auf Kosten der Zugänglichkeit. Es gibt ja Erweiterungen, die fügt man dem Grundspiel ohne weiteres hinzu und erklärt diese in der Erstpartie gleich mit. Die Contractors gehören für mich nicht dazu. Einige Partien des Grundspiels sollte man schon absolviert haben, bevor man die Bauunternehmer hinzufügt, da sie das Spiel mit seinen Zusammenhängen doch komplizierter machen.

Ein absolutes Highlight sind hingegen die neuen Gilden-Karten! Von den 30 mitgelieferten Karten sehen wir pro Partie nur eine einzige und alle konnte ich natürlich noch nicht austesten. Hier ist das Motto „More of the same“, das mir bei Erweiterungen meist etwas besser gefällt. Auch hierdurch wird Abwechslung geboten, eine kleine Neuerung, die ich auch in der Erstpartie locker mit einbringen kann. Das gefällt mir besonders gut

Fazit: Her mit den Gilden! Sorry, Bauunternehmer...

Braucht es nun diese Erweiterung für die Rote Kathedrale? Mir gefällt am Spiel ganz besonders, dass es so viel Spieltiefe in einer kleinen Schachtel bietet. Die Erweiterung verdoppelt diesen Umfang mal eben so und es besteht keine Chance, beides hier in eine Box zu bringen. Empfehlen kann ich die Erweiterung daher nur absoluten Rote Kathedrale-Fans, die sich noch mehr Spieltiefe für ihr Lieblingsspiel wünschen. Das bekommen sie hier auf jeden Fall. Eine Erweiterung mit Spezialisten also für Spezialisten. Ich hoffe hingegen ein bisschen darauf, dass es die Gildenkarten noch einmal als kleine Mini-Erweiterung separat zu erstehen gibt, die ich dann dem Grundspiel einfach so hinzufügen kann.
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The Red Cathedral: Contractors von Shei S. und Isra C.
Erschienen bei Devir Games
Für 1-4 Spielende in ca. 60-90 Minuten ab 10 Jahren

sämtliche Bilder sind von uns selbst erstellt oder vom jeweiligen Pressematerial des Verlages (Devir Games)
*es handelt sich um einen Affiliatelink
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